Händels "Alcina" in Aix-en-Provence

Barock-Oper Katie Mitchells Inszenierung von "Alcina" war das Highlight des Opern-Festivals und prunkte mit einer Starbesetzung.

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Für die größte Aufregung beim Opern-Festival von Aix-en-Provence 2015 sorgte in diesem Jahr Martin Kušej, der bei Mozarts Entführung aus dem Serail die Köpfe rollen lassen wollte. Die Anspielungen auf den IS-Terror gingen Festival-Chef Bernard Foccroule zu weit: nach mehreren Anschlägen, vor allem auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo, herrscht höchste Alarmstufe in Frankreich. Die Opern-Aufführung durfte nur in entschäfter Form stattfinden und wurde in den meisten Kritiken verrissen.

Deshalb war es wohl die richtige Entscheidung, mich auf den Höhepunkt des Festivals zu konzentrieren: die britische Regisseurin Katie Mitchell brachte Händels Alcina auf die Bühne. Die Co-Produktion mit dem Bolschoi-Theater prunkt mit einem Staraufgebot: Countertenor Philippe Jaroussky glänzt als Ruggiero, der den beiden Schwestern Alcina (Patricia Petibon) und Morgana (Anna Prohaska) in die Hände fällt. Die Solisten werden auf gewohnt hohem Niveau vom Freiburger Barockorchester begleitet. Zum Liebling des Publikums, das die Aufführung im Grand Théâtre von Aix-en-Provence mit großem Jubel quittiert, avancieren Elias Mädler und Lionel Wunsch vom Tölzer Knabenchor, die sich in der Rolle des Oberto abwechseln.

Neben den glänzenden musikalischen Darbietungen tragen die originellen Regie-Ideen von Katie Mitchell, die auch von ihren Theater-Arbeiten an der Berliner Schaubühne und dem Schauspiel Köln inklusive einer Einladung zum Theatertreffen bekannt ist, zu einem beeindruckenden Opern-Erlebnis bei: sobald die beiden Zauberinnen Alcina und Morgana ihren luxuriösen Salon verlassen, verwandeln sie sich zurück in alte Frauen. Die Inszenierung spielt intelligent mit dem Rollentausch zwischen den strahlenden Star-Diven auf der Hauptbühne und den einsam vor sich hinqualmenden, verhärmt wirkenden älteren Schauspielerinnen an den Rändern.

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Händels "Alcina"; Copyright: Patrick Berger

Die Verwandlung ausrangierter Liebhaber geht mithilfe eines überdimensionalen Apparats vor sich, der an Flughafen-Security erinnert. Am anderen Ende kommt dann ein ausgestopfter Fuchs oder ein anderes Tier vom Laufband.

Alcina wurde am Freitag, 10. Juli 2015, auch live auf arte übertragen.

Besetzungsliste, Premiere war am 2. Juli 2015 in Aix-en-Provence, weitere Aufführungen dort bis zum 20. Juli 2015

Der Text ist zuerst hier erschienen: http://kulturblog.e-politik.de/archives/25514-haendels-alcina-in-starbesetzung-beim-opern-festival-in-aix-en-provence-ausgestopfte-tiere-und-drehtuereffekte.html

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