König Lear

Theater-Premierenkritik Karin Beier eröffnet die Spielzeit am frisch renovierten Deutschen Schauspielhaus Hamburg mit einem Shakespeare-Klassiker.

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Im schlecht sitzenden Anzug von der Stange schleppt sich ein alter Mann an der Bühnenwand entlang: die Haare zerzaust, die Mundwinkel hängend, die Körpersprache matt und abgekämpft. Edgar Selges „Lear“ hat so gar nichts Königliches mehr an sich. Er ist ein alter Mann, der spürt, dass er den Anschluss verloren hat und nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Jähzornig ist dieser Lear nicht. Wenn er mal aufbrausend wird, ist das nur noch ein letztes, zaghaftes Aufbäumen. Aber sichtlich besorgt ist dieser Lear. Vermutlich wäre er sehr empfänglich für die populistischen Parolen der AfD, die das angeknackste Ego älterer Männer streicheln.

Vor allem ist Lear empfänglich für die Schmeicheleien seiner beiden älteren Töchter. Carlo Ljubek und Samuel Weiss liefern sich einen witzigen Gesangs-Wettstreit, wer die schöneren Songs schmettern kann und höher in der Gunst des abgehalfterten Vaters steht, dessen Erbe bekanntlich verteilt werden soll. Die beiden Töchter treten als Drag-Prinzessinnen auf, vor allem Carlo Ljubek spielt in schön schlangenhafter Lauerstellung.

Die Bühne von Johannes Schütz ist bis auf spärliche Requisiten fast komplett leergeräumt. Wie bei Jürgen Gosch sind auch in Karin Beiers Shakespeare-Inszenierung alle Spieler*innen beinahe während der gesamten drei Stunden mit auf der Bühne oder in der ersten Reihe neben der Souffleuse und verfolgen das Geschehen mit.

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