„Les Contes d´Hoffmann“: Ideen zünden nicht

Komische Oper Berlin Jaques Offenbach hinterließ „Les Contes d´Hoffmann“ (noch bekannter unter dem deutschen Titel „Hoffmanns Erzählungen“) als unfertige Materialsammlung.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Dennoch wurde das Werk zum Welterfolg. Jeder Regisseur muss seine eigenen Schneisen durch den Wust an verschiedenen Fassungen schlagen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten aufgetürmt haben. Ulrich Lenz, der Chefdramaturg der Komischen Oper, gab dankenswerterweise eine kenntnisreiche, ausführliche Einführungsgeschichte in die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Werks.

Dieses Unfertige wäre eigentlich wie geschaffen als Spielwiese für Barrie Kosky, den Intendanten der Komischen Oper, der zur Spielzeit-Eröffnung selbst Regie führt. Seine Inszenierungen sprühen vor Ideen, überzeugen durch ihren Witz und überraschen mit neuen Lesarten. Leider springt bei „Hoffmanns Erzählungen“ diesmal der Funke jedoch nicht über.

Er entschied sich, die Titelfigur auf drei Personen aufzusplitten: Hoffmann wird vom Schauspieler Uwe Schönbeck sowie den beiden Sängern Dominik Köninger und Edgaras Montvidas verkörpert. Als armer Tropf sitzt Schönbeck im Dunkeln auf einer abschüssigen Rampe inmitten eines Meeres leerer Flaschen. Bei solch düsteren Szenen wähnt man sich eher in einer Inszenierung von Michael Thalheimer und seinem Bühnenbildner Olaf Altmann als bei Kosky.

Nicole Chevalier beeindruckt zwar in ihrer Vierfach-Rolle als Stella, Olympia, Antonia und Giulietta, die durch die Phantasien in Hoffmanns alkoholgeschwängertem Kopf geistern. Daraus wird aber kein wilder Galopp und erst recht kein albtraumartiger Horrortrip, wie in der Einführung versprochen worden war. Der gesamte Abend bleibt ungewohnt ideenlos und brav, die angezogene Handbremse löst sich nicht. Georg Kasch kritisierte in der Berliner Morgenpost: „Am Ende ist einem dieser passive Kopferotiker einfach egal. Zumal das Unheimliche seiner Fantasien merkwürdig abstrakt bleibt.“

Der Text ist zuerst hier erschienen: http://kulturblog.e-politik.de

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Kultur_Blog_

Aktuelle Rezensionen zu Kino, Theater, Oper, Kabarett, Tanz, Literatur

Kultur_Blog_

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden