Sie führten zahlreiche Interviews mit Flüchtlingen, Helfern, staatlichen Institutionen und drehten Videomaterial, das an diesem 90minütigen Abend eingespielt wird. Sehr schlaglichtartig und leider auch oft zu sprunghaft montierten Grünewald und sein Team die einzelnen Bausteine. Am Ende ergibt sich aber doch ein deutliches Bild einer prekären Situation:
Die Schauspieler fühlten sich immer rat- und hilfloser, je länger sie sich hautnah vor Ort mit der Situation befassten. Katharina Schenk macht dies in zwei exemplarischen Situationen deutlich: als sie auf einem Friedhof, wo die Leichen der aus dem Meer gefischten Flüchtlinge verscharrt wurden, eine Schweigeminute vorschlägt, ist sie sich selbst klar darüber, dass dies nur eine hilflose, wohlfeile Geste ist. Sie weiß aber – genauso wenig wie wir im Publikum – keine angemessenere, bessere Reaktion. Später erzählt sie, wie sie einem Bustransport in das jetzt schon völlig überfüllte Lager Moria hinterherwinkte. Auch hier spürte sie, dass diese Reaktion wohl nicht so glücklich ist, aber immer noch besser, als völlig tatenlos zuzusehen.
Der Abend endet mit rhetorischen Fragen des Ensembles, die in den Wunden der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik bohren, und langen Kamera-Einstellungen von der Ägäis vor Lesbos, wo die Touristen mittlerweile fernbleiben.
Die schwierigste Frage wird offen angesprochen, bleibt aber ungelöst: Was passiert, wenn Erdogan den Bogen noch weiter überspannt? Dann wäre die EU gezwungen, die Kosequenzen zu ziehen, vor denen sie sich bisher noch drückt. Der heute schon vielen als schmutzig kritisierte Deal mit der Türkei würde platzen. Einen Plan B hat die Politik bisher nicht.
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