"Roma Armee" entert das Gorki Theater

Theater-Kritik Zum Gorki-Saisonauftakt entwickelten Roma-Künstlerinnen und Aktivistinnen ein Stück, das einer wenig sicht- und hörbaren Minderheit eine Stimme gibt.

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Angeführt wird die Truppe von den beiden Schwestern Sandra und Simonida Selimović. Wie wir aus dem Programmheft erfahren, sind beide seit Jahren als Rapperinnen, Schauspielerinnen und Aktivistinnen für die Rechte der Roma-Minderheit in der Wiener Kulturszene präsent. Sandra ist als selbstbewusst-lesbisches Covergirl schon auf dem Plakat auf dem Gorki-Vorplatz mit androgynem Sexappeal präsent, Simonida beherrscht mit längeren Monologen das Finale des zweistündigen Abends.

Nach einem schwungvoll-ironischen Intro hat der Abend damit zu kämpfen, seinen Rhythmus zu finden. Die „Roma Armee“ hat zwar energiegeladene Songs, mitreißende Beats und rappend herausgebrüllte Wut über Diskriminierung und Geschichtsklitterung zu bieten. Ein starkes, berührendes Statement ist das Solo der Britin Riah May Knight, die erzählt, wie sie als Kind miterlebte, wie sich in ihrem Dorf ein Mob gegen durchreisende Roma bildete. Vor allem in der ersten Hälfte hängt das Stück aber oft zu sehr durch. Vieles wirkt noch unfertig: als ungefilterte Stoffsammlung auf der Probebühne. Hier hätte Yael Ronen die Dialoge stärker verdichten und das Ausfransen in allgemeine, manchmal recht banale Plaudereien über Mobbing und Missachtung verhindern müssen.

Ein großes Plus des Abends sind die Malereien, Artworks und Kostüme, die von Maria Abreu und dem Ehepaar Damian und Delaine Le Bas stammen. Letztere konzipierten vor zehn Jahren den ersten Roma Pavillon auf der Biennale in Venedig und gaben dem Abend eine hervorragende Ästhetik.

Neben den zu großen Schwankungen im Rhythmus ist vor allem der zu pathetische Schluss ein Makel des Abends. In allzu getragenen Sonntagsreden wird das hohe Lied auf die Versöhnung gesungen, manche Zwischentöne klingen geradezu kitschig.

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