"Schatten (Eurydike sagt)" an der Schaubühne

Theater-Kritik Katie Mitchell, bekannt für ihre feministische Herangehensweise und ihre Live-Videos, inszeniert Elfriede Jelineks Text.

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In ihrer auf nur 75 Minuten gekürzten Fassung hat sie die vielen assoziativen Verästelungen des Jelinek-Texts gekappt. Von Mitchell wurde Jelinek außerdem zwei ihrer Markenzeichen beraubt: der Abend an der Schaubühne verzichtet erstens auf ihre langen Wut-Tiraden, stattdessen spricht Stephanie Eidt den Text der Eurydike als langen inneren Monolog. Sie sitzt am Bühnenrand in einer abgeschlossenen Kabine, wie sie sonst Dolmetscherinnen oder Synchronsprecher nutzen, und trägt ihn mit dem sanften Parlando vor, mit dem sie zuletzt auch die „Borgen“-Hauptfigur Birgitta Nyborg verkörperte. Als ihr Alter Ego agiert Jule Böwe auf der Bühne über weite Strecken fast wortlos und zum Objekt degradiert, erst gegen Ende findet sie eine eigene Sprache.

Die zweite ungewöhnliche Setzung des Abends ist, dass Mitchell auf den bissigen Humor von Jelinek verzichtet, mit dem die österreichische Literaturnobelpreisträgerin die Casting-Shows, das Schönheitsdiktat der Modebranche und die Popkultur aufs Korn nimmt. Hartmann und Gloger nutzten diese Nebenstränge für lustige Kabarett-Einlagen und interessante Tempi-Wechsel.

Bei Mitchell konzentriert sich hingegen alles auf den einen und zentralen Aspekt von Jelineks-Text: auf das Drama der sich unterdrückt fühlenden Frau, die ständig nur im Schatten ihres Lovers Orpheus steht. Renato Schuch spielt diesen Popstar, der von seinen Groupies angehimmelt wird, hervorragend als schnöselig-narzisstischen Schönling.

Ausführlichere Kritik ist hier zu lesen

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