Vom aufgeheizten Klima war in der knappen Stunde kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil: das Gespräch plätscherte im gefälligen Plauderton vor sich hin. Peter Raue, der sowohl Dercon als auch das BE juristisch beraten hat, beschränkte sich auf die Rolle eines Stichwortgebers, so dass erst spät eine halbwegs lebendige Diskussion zustande kam.
Diese entzündete sich an Dercons Konzept des Reenactments historischer Aufführungen: zur Eröfnung des Hauses am Rosa Luxemburg-Platzes wird er dies am Beispiel von Samuel Beckett vorführen. Als er darüber sinnierte, dass er gerne Einar Schleefs „Sportstück“ nach Jelinek, einen siebenstündigen Exzess mit von der Decke baumelnden Schauspielern, nachspielen möchte, schüttelte Reese energisch den Kopf. Schleef sei lange tot und sein Monolog das Herzstück des Abends, der nicht einfach zu ersetzen oder zu imitieren sei. Das könnte höchstens Martin Wuttke, der das aber niemals tun werde.
Meinungsverschiedenheiten wurden auch deutlich, als Reese schilderte, in welch engem Takt er die ersten Premieren am Berliner Ensemble präsentieren wird (neue Inszenierungen u.a. von Antú Romero Nunes, Mateja Koleznik, Michael Thalheimer, David Bösch, sowie mehrere Berlin-Premieren von Stücken aus dem Frankfurter Repertoire). Dercon seufzte, dass er schon vom Zuhören dieser Aufzählung erschöpft sei, und erklärte, dass er sich an seinem Haus mehr Zeit für die Proben nehmen wolle, da Theater und Tanz nicht wie in einer „Maschine“ produziert werden sollten.
Ansonsten bot die Diskussion kaum Neues.
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