"Tartuffe" am Thalia

Theater-Kritik Mit Molières Komödie über den Heuchler und Blender „Tartuffe“ startete das Hamburger Thalia Theater in die neue Spielzeit.

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Für die Titelrolle ist Jörg Pohl prädestiniert. Als „Richard III.“-Horrorclown brillierte er vor einem Jahr. In Stefan Puchers Inszenierung lässt er sein Können jedoch zu selten aufblitzen. Einer dieser starken Momente ist, als er sich vor Orgon theatralisch in den Staub wirft, nachdem ihn Damis bei einer weiteren Intrige auf frischer Tat ertappt, und als wimmernder Büßer wieder mal den Kopf aus der Schlinge zieht.

In Erinnerung bleiben noch einige weitere Szenen, in denen Molière gutes Schauspieler-Komödienfutter lieferte: Karin Neuhäusers keifende Madame Pernelle, die ihrer Familie die Leviten liest, ist ein vielversprechender Beginn. Victoria Trautmannsdorff hat als vorlaute Zofe Dorine, die den Herrschaften den Spiegel vorhält, die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. Lisa Hagmeister darf ein schönes Verführungsduett mit Jörg Pohl auf die Bühne zaubern.

Überraschend bieder und sehr nah an der Vorlage aus dem französischen Absolutismus brachte Stefan Pucher den Klassiker auf die Bühne. Als Clou seiner Inszenierung lässt er seine Schauspieler zu Soloauftritten mit leicht verfremdeten, neu arrangierten ABBA-Songs an die Rampe treten. Manchmal sind die Zeilen der schwedischen Pop-Superstars der 70er Jahre ein pfiffiger Kommentar zu Molierès Versen. In anderen Fällen fehlt ein überzeugender Bezug zwischen der Komödienhandlung und dem Popsong, dann dient ABBA nur als willkommene Auflockerung des ansonsten sehr konventionell dargebotenen Schauspiels. Der Haken an diesem Regieeinfall ist, dass die Schauspieler bei diesen Musikeinlagen teilweise an ihre Grenzen stoßen.

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