In einer runtergekommenen, verqualmten Kaschemme hängen sie ihren Jugenderinnerungen nach. Evelyn, mit 84 Jahren die Älteste, berichtet von den Rosinenbombern der Luftbrücke. Die Jüngeren erzählen von ihren Erlebnissen auf dem Straßenstrich hinter dem Bahnhof Zoo oder einem gescheiterten Experiment in einem besetzten Haus im hintersten Winkel Kreuzbergs: die Kommune kapitulierte am Ende vor den Bergen ungespülten Geschirrs und der Ratten.
Zwischendurch werden berühmte Szenen wie der Sprung des Grenzsoldaten am Tag des Mauerbaus nachgespielt. David Bowie, Rolf Eden, Wolfgang Neuss und Christiane F. geistern durchs Bühnenbild, gegen Ende wird der Birkenwald aus Peter Steins „Sommergäste“-Inszenierung beschworen, die 1974 an der Schaubühne damals noch am Halleschen Ufer Premiere hatte.
Die Zeitzeugenberichte sind authentisch. Der Rest des etwas mehr als zweistündigen Abends kommt streckenweise unterhaltsam, aber doch wesentlich uninspirierter daher, als wir es von Rainald Grebe gewohnt sind. Der gebürtige Kölner, der mit seinen Oden auf Thüringen, Brandenburg und die Pärchen in den gentrifizierten Wohngebieten von Mitte und Prenzlauer Berg bekannt wurde, fremdelt auf West-Berliner Terrain.
Der Grundton des Abends ist nostalgisch, der Altersdurchschnitt des Publikums recht hoch. „Far Out“ und „Dschungel“ sind Geschichte und von denen, die das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Frontstadt prägten und an diesem Abend aufgezählt werden, lebt auch niemand mehr: Harald Juhnke, Brigitte Mira, Günter Pfitzmann, Otto Sander… Am stärksten bleiben die beiden Gesangseinlagen in Erinnerung, als das gemischte Ensemble aus West-Berliner Bürgern und Schaubühnen-Profis „Heroes“ von David Bowie anstimmt und Iggy Pops „The Passenger“ covert.
Bleibt nur noch die Frage: War West-Berlin wirklich so piefig, wie es bei dieser Show am Ku’damm dargestellt wird?
Der Text ist zuerst hier erschienen: http://kulturblog.e-politik.de
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