Western-Klischees auseinandergenommen

Kino-Rezension: Slow West Ein schottischer Regisseur spielt in seinem Debütfilm mit den Konventionen des Western-Genres. John Wayne würde vermutlich die Kinnlade herunterfallen.

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Der Titel von John Macleans Debütfilm Slow West ist durchaus programmatisch zu verstehen: mit geradezu provozierender Langsamkeit reiht er die Szenen aneinander.

Auch sonst ist der Film alles andere als ein typischer Western. Der schottische Regisseur, der sich bisher vor allem mit seiner Indie-Band und einigen Kurzfilmen befasst hat, lässt seine beiden Hauptdarsteller, den deutsch-irische Hollywoodstar Michael Fassbender (vor allem aus den Filmen Hunger, Shame und 12 Years a Slave seines Lieblingsregisseurs Steve McQueen bekannt) und den jungen Australier Kodi Smit-McPhee, der 2010 im US-Remake Let me in des schwedischen Vampir-Films So finster die Nacht aufgefallen ist, durch die hervorragend gefilmte neuseeländische Landschaft reiten.

http://imagizer.imageshack.us/v2/320x240q90/910/GF2rlu.jpgJay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) und Silas Selleck (Michael Fassbender) reiten durch den Wilden Westen; © 2015 PROKINO Filmverleih GmbH

Das ungleiche Duo hat ein gemeinsames Ziel: der Teenager Jay Cavendish (Smit-McPhee) sucht verzweifelt nach seiner ersten großen Liebe Rose. Der abgebrühte Kopfgeldjäger Silas Selleck (Fassbender) hat sich an seine Fersen geheftet, da er gerne die Prämie kassieren möchte, die auf den Kopf der unter Mordverdacht stehenden Frau ausgesetzt ist. Auf ihrem Trip durch den Wilden Westen begegnen die beiden allerlei kuriosen Gestalten. Maclean ging es jedoch nicht darum, einen spannenden Western-Plot zu erzählen, sondern mit den Standard-Bausteinen des Genres zu spielen.

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Die beiden Hauptdarsteller; © 2015 PROKINO Filmverleih GmbH

Am deutlichsten zeigt sich dies beim großen Showdown, der natürlich in keinem Western fehlen darf. Aber ohne zu viel zu verraten: John Wayne und anderen klassischen Helden des Westerns würde die Kinnlade herunterfallen, wenn sie sehen könnten, wie forsch hier die Erwartungen unterlaufen und Sehgewohnheiten karikiert werden.

Bei der Uraufführung im Januar 2015 zeichnete die Jury des Sundance-Festivals den Meta/Anti-Western Slow West mit einem der Hauptpreise aus. Zum deutschen Kinostart fielen die Kritiken verhaltener aus: Slow West ist ein interessanter Debütfilm, der sich unbekümmert an den Konventionen seines Genres abarbeitet. Einige gelungene, lakonisch erzählte Szenen sind bemerkenswert, andere Passagen ziehen sich zu sehr in die Länge.

Der Text ist zuerst hier erschienen: http://kulturblog.e-politik.de

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