Zart, schüchtern und exotisch – das sind nur einige der Zuschreibungen, mit denen asiatische Frauen oft fetischisiert werden. Während der Feminismus in der globalisierten Popkultur gerade zunehmend mehr Aufmerksamkeit bekommt, kommen Asiatinnen – genau wie Frauen mit anderen nichtweißen Hautfarben – in der Debatte oft kaum vor. „Ich bin gelb. Sieht mich euer Feminismus überhaupt?“, fragte zum Beispiel Fabiane Ahn, eine brasilianische Aktivistin mit südkoreanischen Wurzeln, in einem oft geteilten und vieldiskutierten Facebook-Post.
Einen großen Anteil an der Stereotypisierung und Fetischisierung asiatischer Frauen haben die Massenmedien, die die immergleichen Erzählungen endlos fortschreiben. Mit Filmen wie Miss Saigon, Die Geisha, Last Samurai und Kill Bill arbeitet die globale Bildmaschine immer weiter an dem Konstrukt von asiatischen Frauen als gehorsam, unterwürfig und exotisch. Oder aber als hinterhältig, undurchschaubar und gefährlich. Und dabei sind asiatische Frauen natürlich immer auf den weißen Mann angewiesen.
Wenn man sich die dominanten Bilder in der westlichen Kultur anschaut, kann man dabei grob zwei Strömungen unterscheiden. Da ist zum einen das Lotusblüten-Stereotyp oder schlicht auch: die Geisha. Es ist die Vorstellung der asiatischen Frau als niedliches, naives, aber auch hypersexualisiertes Wesen. Das Bild der Geisha beinhaltet zudem Konnotationen von Unterordnung und Unterwerfung. Und es ist bis heute das vorherrschende Bild asiatischer Frauen in der westlichen Öffentlichkeit.
Der weiße „Retter“
„Deine japanische Freundin wird gern kochen, putzen, waschen, deine Klamotten zusammenlegen, den Abwasch machen und dir den Rücken schrubben. Und das alles gleichzeitig, denn Japanerinnen sind fantastisch im Multi-Tasking“, heißt es zum Beispiel in einem Eintrag eines Blogs, auf dem sich selbsternannte „Dating-Experten für Asiatinnen“ austauschen.
Geknüpft an das Lotusblüten-Stereotyp ist in den allermeisten Fällen auch die Vorstellung eines weißen „Retters“, der mit all seinem Wissen und seiner Kraft die asiatische Frau vor ihren Landsleuten bewahren muss, die sie unterdrücken. Diese Weißer-Retter-Idee ist ein so geläufiger Bestandteil vieler Actionfilme, dass sie oft als selbstverständlich hingenommen wird. Dabei reduziert sie Frauen zu einem reinen Objekt, das nicht selbst aktiv handeln kann, sondern „befreit“ werden muss. Außerdem verstärkt es noch eine weitere Zuschreibung – die asiatische Frau als kindgleich.
Auf der entgegengesetzten Seite findet sich das Bild der „Drachen-Lady“, das ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. International bekannt wurde es durch Anna May Wong. Sie war die erste asiatischstämmige Amerikanerin, der es gelang, zum internationalen Filmstar aufzusteigen. In den 1920er und 1930er Jahren setzte sie sich in einem tief rassistischen Klima in Hollywood durch.
Die Drachen-Lady ist in Filmen oft eine Schurkin aus dem Osten – oder aber eine mysteriöse Fremde. Dieses Bild schreibt asiatischen Frauen Eigenschaften zu wie: unheimlich, undurchschaubar, hinterhältig, aber vor allem exotisch. Und auch wenn die Drachen-Lady oft eine Meisterin der Kampfkünste ist und das auf den ersten Blick wie eine Form von Empowerment wirkt, taucht diese Figur mit ihren besonderen Fähigkeiten in vielen Filmen nur auf, damit sie am Ende dann von dem westlichen Helden besiegt werden kann.
Diese Stereotype, die auch immer die sexuelle Seite betonen – die Asiatin entweder als unterwürfig und fügsam oder als Widerständige, die bezwungen werden muss –, sind vor allem in der US-Popkultur sehr stark. Und sie haben fatale Folgen. In den USA erfahren 61 Prozent aller asiatischstämmigen Frauen im Laufe ihres Lebens physische oder sexualisierte Gewalt durch einen Intimpartner, wie das Asian/Pacific Islander Domestic Violence Resource Project herausgefunden hat.
Die Exotisierung und Fetischisierung asiatischer Frauen lässt sich dabei auch an einer weiteren Statistik ablesen. Bei Pornhub, der weltweit größten Pornoseite, gehört das Wort „asiatisch“ neben „lesbisch“ und „Gangbang“ zu den Top-Suchbegriffen. Für diese Fetischisierung asiatischer Frauen gibt es sogar einen eigenen Begriff: „Gelbfieber“. Hinter diesem Wort steht ein Prozess der Entmenschlichung und De-Individualisierung, der nicht nur rassistisch ist, sondern auch den Raum schafft für Gewalt und Missbrauch. „Gelbfieber“ – das bedeutet, dass eine Gruppe von Menschen zu Objekten gemacht wird, reduziert auf stereotype Zuschreibungen. Und es verstärkt die rassistische Vorstellung, Asiaten wären doch „alle gleich“.
Dieses Nicht-Zugestehen von Individualität findet sich auch noch in einem anderen Stereotyp, einem eigentlich positiv konnotierten: dem der Vorzeige-Minderheit. Menschen mit asiatischen Wurzeln gelten oft als besonders hart arbeitend, als besonders gut in der Schule und an der Uni, als strebsam und zuverlässig. Aber das Besondere der Asiatinnen und Asiaten, das mit diesen positiven Zuschreibungen betont werden soll, führt am Ende nur dazu, dass sie immer zu „den Anderen“ gehören, dass sie nie auf selbstverständliche Weise dazugehören. Ganz abgesehen davon, dass die „Vorzeige-Minderheit“ immer auch dazu benutzt wird, andere Minderheiten so abzuwerten.
Aus asiatischen Communitys heraus haben sich einige Initiativen gegründet, die sich dafür engagieren, stereotype Zuschreibungen zu dekonstruieren. In Brasilien – dem Land mit der größten japanischen Community außerhalb Japans – gibt es die Plattform „Lótus PWR“. Ursprünglich von japanisch-, chinesisch- und koreanischstämmigen Frauen gegründet, hat sie mittlerweile auch indische und südostasiatische Mitglieder. Die Plattform bringt Aktivistinnen zusammen. Und via Facebook wird eine Studiengruppe zum Thema „Asiatischer Feminismus“ organisiert.
Gespaltene Bewegung
Die Organisatorinnen fingen sich dafür den Vorwurf ein, die feministische Bewegung durch Zersplitterung zu schwächen. Laís Miwa Higa, eine der Gründerinnen, antwortete darauf in einem Interview: „Viele Leute sagen, dass es trennend wirke, dass sie die Gesellschaft in einzelne Teile spalte. Aber vielleicht hat die brasilianische Gesellschaft diese Gruppen schon längst geteilt. Fühlen sich die asiatischstämmigen Frauen nicht schon lange abgetrennt von der Vorstellung, Brasilianerinnen mit vollen Bürgerrechten zu sein?“
Ähnliche Initiativen finden sich auch in den USA, die nach Brasilien auch die meisten Menschen mit japanischen Wurzeln außerhalb Japans zählen. So haben zwei Studentinnen etwa den „Sad Asian Girls Club“ gegründet, in dem asiatischstämmige Frauen sich organisieren, um dem Klischee der stillen und passiven Asiatin etwas entgegenzusetzen. Zu ihren Projekten gehört eine Plakatkampagne mit Slogans wie „Asiatische Frauen sind nicht alle still“ oder auch „Asiatische Frauen sind nicht dein Fetisch!“. Ausgangspunkt war ein Online-Formular, in dem betroffene Frauen den Satz „Asiatische Frauen sind nicht ...“ ergänzen sollten.
Über diese Beispiele hinaus gibt es noch viele weitere Initiativen und Facebook-Gruppen. Allen gemeinsam ist das Bewusstsein, dass man die Fragen von Race und Gender nicht getrennt behandeln kann. Menschen mit verschiedenen Hautfarben machen ganz unterschiedliche soziale Erfahrungen. Und nein, wir gelben Frauen sind nicht alle still. Wir wollen laut darüber sprechen – und gehört werden.
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