„Are you showing something?“, das ist vielleicht der meistgesprochene Satz auf der und um die Mailänder Möbelmesse Salone del Mobile, die in der vorletzten Aprilwoche wieder einmal stattfand. Der Satz fällt immer dann, wenn zwei Designer oder Designerinnen aufeinandertreffen. Mit französischem Schaumwein und Mozzarellakugeln in den Händen, die man in einem komplizierten Verfahren abwechselnd zum Mund führt, ohne auch noch die Handtasche auf den Boden stellen zu müssen. Oder nachts um eins, vor einer Masse leerer Plastikbecher auf dem Tisch einer Bar gegenüber der Bar Basso, wo man trinkt, weil da die Drinks günstiger sind, die Schlange kürzer ist.
Bisschen beiläufig fällt der Satz. Wie ein nicht ernst gemeintes Kompliment zur Kleiderwahl. Und weil viele der Anwesenden nichts showen, da die Stände auf dem Salone del Mobile sehr teuer sind oder weil man sich auf Ausstellungsflächen der Messe bewerben muss oder weil es mehr Designer gibt als neue Produkte, die vorgestellt werden, ist diese Frage, ob man etwas hat, das man präsentieren kann, mit Druck belastet.
Wer nichts hergestellt, entworfen, verkauft, umgesetzt, geklaut, geleistet hat, der wechselt schnell das Thema. Oder antwortet mit der gleichen Gegenfrage, auf die Gefahr hin, dass das Gegenüber natürlich etwas zeigt. Die neue Lampe beim italienischen Traditionshersteller, das neue Sitzmöbel beim Schweizer Sofagiganten. Bestimmt irre gut abgecasht, sehr erfolgreich. Aus dem wird was! Oder ihr.
Wer was zeigt, den fragt man dann, was und wo. Und verspricht, dass man unbedingt hingehen werde. Ganz sicher, schaue ich mir an. Great, will go see it tomorrow! Meistens stimmt das nicht.
Ist die Frage eine Machtdemonstration der Zeigenden? Wer Interesse an Design hat, fragt ja eher: Hast du etwas Interessantes gesehen? (Eine Frage, die in diesem Jahr auf der Design-Week übrigens keine sonderlich kongruenten Antworten nach sich zog). In „Are you showing something?“ steckt die Aufgabe des Einzelnen vorm Diktat der Produzierenden.
Was an dem Satz provoziert, ist der Leistungsaufruf, der ausklammert, dass etwas zu zeigen nicht immer mit der eigenen Entscheidung zu tun hat. Und – noch viel trauriger – der offenbart, was als der Kern so einer Messe und des in Mailand sehr umfangreichen Nebenprogramms wahrgenommen wird. Nicht das Schlendern, nicht das Entdecken, das Inspirieren, Verhandeln, was man hier so unglaublich gut kann. Sondern das Abliefern. Irgendwie unpoetisch.
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