Männer brauchen Geborgenheit

E-Roller Eng umschlungen trauen sich Männer im Straßenverkehr endlich, was sie sonst nicht zulassen können
Ausgabe 37/2019
Einmal die Königin der Welt sein. Jetzt auch für Männer kein Traum mehr
Einmal die Königin der Welt sein. Jetzt auch für Männer kein Traum mehr

Foto: Maria Tama/Getty Images

In Nacht-und-Nebel-Aktionen wurden sie in die Städte gebracht und so postiert, als wären sie immer da gewesen. Glaubt man den Nachrichten, die sie produzieren, sorgen sie für Chaos, Anarchie und Unfälle auf den Straßen und verleiten die Menschen zum Vandalismus. Dabei werden E-Roller unsere Welt zu einer besseren machen.

Der E-Roller steht für ein Lebensgefühl und eine Idee von Mobilität, die so sehr mit unseren Bedürfnissen harmoniert, dass der Hass und die Entrüstung, die er hervorruft, kaum verständlich sind. Er legt unsere Ängste vor unkontrolliert herumwuselnden Individuen, die sich weder der Kategorie Auto, Rad oder Fußgänger zuordnen lassen, frei. Und man kennt das: Was man nicht einordnen kann, wird erst mal abgelehnt. Es müssten neue Regeln erfunden werden für den E-Roller, der Richtung Zukunft brettert. Autobahnen, wie auch Autos, werden schon bald der Vergangenheit angehören. Genau wie die Männer, die in dicken Schlitten blutige Steaks verdrückend zum Flughafen rasen, um Fernreisen über den Atlantik anzutreten. Beides wird der E-Roller maßgeblich verändern. Er lässt eine neue Generation von jungen Männern heranwachsen.

Heute sieht man sie oft – wie Kate und Leo in ihrem ikonischen Titanic-Moment – eng umschlungen die Straßen entlangdüsen. Die physische Nähe, die durch das gemeinsame E-Rollen generiert wird, und das Vertrauen, das sich daraus ergibt, sich ganz der Kontrolle des anderen zu überlassen, nehmen die jungen Männer mit in ihren Alltag. Das Stress- und Angstlevel, das sich oft in gewaltsamem Verhalten ausdrückt, wird runtergefahren, und sie lernen, sich zu öffnen und ihre Gefühle zu artikulieren. Ein Gefühl von Verbundenheit wird sich einstellen, das in Männerfreundschaften oft übergangen wird. Sie werden nicht länger voreinander angeben müssen, wer höher, schneller, weiter kann (ein Impuls, der unseren Planeten ja erst in den desaströsen Zustand versetzt hat, in dem er sich befindet), sondern sie werden darüber sprechen, wovon sie träumen und was sie beschäftigt. In einer Welt, die sich immer schneller dreht, generiert das Aneinanderklammern ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, das einzufordern sich junge Männer oft nicht trauen.

All das werden die Heranwachsenden mitnehmen in ihre Beziehungen, in ihre Freundschaften. Sie werden es als Väter ihren Söhnen weitergeben und die wieder ihren Söhnen. So wird der E-Roller, im „long run“ dazu beitragen, unsere Welt auf allen Ebenen zu einer besseren zu machen.

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