German McCarthyism - 60 Jahre KPD-Verbot

KPD-Verbot Vor 60 Jahren wurde in Westdeutschland die KPD verboten. Die Linke fordert nun eine Rehabilitierung verfolgter Opfer. Warum das richtig ist

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Eine kommunistische Versammlung im Berliner Lustgarten um 1925
Eine kommunistische Versammlung im Berliner Lustgarten um 1925

Foto: Hulton Archive/ FPG/Getty Images

Gestern vor 60 Jahren wurde in Westdeutschland die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) verboten. Zuvor war in der Bundesrepublik 1951 der westliche Ableger der Freien Deutschen Jugend (FDJ) verboten, sowie 1950 der s.g. Adenauer-Erlass verabschiedet worden, welcher die Verfassungstreue öffentlicher Bediensteter voraussetzte und die Unvereinbarkeit deren Mitgliedschaft in verfassungsfeindlichen Organisationen beschloss. Zudem wurde 1951 innerhalb Rekordzeit das 1. Strafrechtsänderungsgesetz beschlossen, das 37 neue Strafnormen festlegte und u.a. Hochverrat, Landesverrat und Geheimbündelei unter Strafe stellte, womit später nicht wenige KPD-Mitglieder konfrontiert worden sind.

In einer antikommunistischen, anti-linken Hysterie, die stark an die McCarthy-Ära in den Vereinigten Staaten erinnerte, machte die Adenauer-Regierung deutlich klar, dass der "Feind links steht" und schreckte dabei auch nicht davor zurück in die Autonomie des höchsten Organs der deutschen Judikative, dem Bundesverfassungsgericht einzugreifen, welches sich mit dem Urteil offensichtlich schwer tat: "Die Bundesregierung allein trägt die Verantwortung für dieses Verfahren.", eröffnete Josef Wintrich die Urteilsverkündung am 17. August 1956.
Im Verbotsverfahren, das sich über fünf Jahre streckte, spielte die Nähe zur DDR und zur Sowjetunion eine bedeutende Rolle, zudem galt sie in der öffentlichen bzw. politischen Wahrnehmung als Moskau-hörig. In der Tat gab es zwischen der westdeutschen KPD und der ostdeutschen SED (die bekanntlich durch die Zwangsvereinigung mit der SPD aus der ursprünglichen KPD hervorgegangen war) enge Verstrickungen - viele Funktionäre beider Parteien kannten sich aus der gemeinsamen Zeit vor dem Weltkrieg oder aus dem Exil in Frankreich oder der UdSSR - und auch finanzielle Mittel flossen aus dem Osten Deutschlands in das Vermögen der West-KPD ein.

Allerdings hatten auch andere westeuropäische kommunistische Parteien zu Beginn des kalten Kriegs eine ähnliche "Ostanbindung" und dennoch, zumindest zum Teil akzeptierte, Mitglieder der parlamentarischen Ordnung wurden, wie z.B. in Italien und Frankreich.
Im Laufe der nächsten zehn Jahre sollten sich aus diesen Parteien neue linkssozialistische Ansätze entwickeln; Besonders die Niederschlagung eines "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", dem s.g. "Prager Frühling" in der Tschechoslowakei durch die sowjetische Rote Armee veranlasste die westeuropäischen KPs zur Klärung ihres Verhältnisses zur UdSSR und dem Realsozialismus, sowie zahlreichen Neuausrichtungen und Führungswechsel. Hierfür wird heute allgemein das Schlagwort "Eurokommunismus" gebraucht.

Eine ähnliche Entwicklung konnte die nun im Untergrund agierende KPD nicht durchlaufen, die Illegalität veranlasste eine wesentlich striktere Organisation, welche (notwendige) Debatten innerhalb der eigenen, zudem stark geschwächten Strukturen nahezu unmöglich machte, hinzu kam die nun finanzielle Abhängigkeit aus Ost-Berlin bzw. Moskau und es galt "Wess' Brot ich fress', dess' Lied ich sing." Diese Negativentwicklung setzte sich auch in der späteren DKP fort, die als Nachfolgeorganisation aus den moskautreuen Überbleibseln der KPD bestand und nunmehr direkt der SED-Führung unterstand.

Ansätze einer Neuausrichtung zu Mitte der 50er-Jahre bis hin zur Anerkennung der „verfassungsmäßigen Grundrechten und Freiheiten“ wurden während des Verbotsverfahrens nicht mehr berücksichtigt, Mutmaßungen über eine weitere Entwicklung der KPD ohne ein Parteiverbot wäre ein klassisches "Was wäre wenn..."-Szenario. Interessante Faktoren wären, wie bei den anderen Kommunistischen Parteien der "Prager Frühling" und die aufkeimende Studentenbewegung zu Beginn der 60er-Jahre gewesen.
Das Verbot hatte letztlich die Zwangsauflösung der KPD, den Entzug ihrer politischen Mandate, sowie Parteivermögen (darunter Immobilien, Verlage und Druckereien), das Verbot der Gründung von Ersatzorganisationen und Gerichtsverfahren gegen mehrere tausende ihrer (auch vermeintlichen) Mitglieder und ihr nahestehende Menschen zur Folge.

Betroffene von (zwischen 125.000 bis 200.000) Ermittlungsverfahren hatten mit Entlassungen und zum Teil dauerhafter Arbeitslosigkeit zu rechnen, oft auch dann wenn es aus Mangel an Beweisen zu keiner Verurteilung gekommen war. Verurteilt wurden zwischen 7000-10.000 Menschen. Außerdem kam es zu zahlreichen Inhaftierungen, darunter auch zahlreicher kommunistische Widerstandskämpfer*innen, die während der NS-Herrschaft jahrelang in Zuchthäusern und Konzentrationslagern interniert waren und nun erneut ehemaligen NS-Richtern gegenübersaßen - von denen sie schlussendlich sogar ihre Widergutmachungsansprüche aus der NS-Zeit abgesprochen bekamen.

Aus diesen Gründen sind die entsprechenden Initiativen der LINKEN im Deutschen Bundestag, sowie im Sächsischen Landtag durch die Genoss*innen Antje Feiks (MdL) und Jan Korte (MdB) zu begrüßen und dementsprechend zu unterstützen - Es ist endlich Zeit für eine Rehabilitierung der Verfolgten des KPD-Verbots, und folgender Kampagnen gegen alles tatsächlich oder vermeintlich Linke - Journalist*innen, Gewerkschafter*innen, Antifaschist*innen, Antimilitarist*innen, etc. - und eine Wiedergutmachung der entstandenen Schäden und des Unrechts ist.

Dieser Beitrag wurde zuerst auf meinem Blog leebertaire.wordpress.com veröffentlicht.

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