Es gibt kein Kino in Kaschmir

Filmfest Hamburg Dass der Eröffnungsabend emotional wird, habe ich mir fast gedacht. Dass ich aber sogar ein Tränchen verdrücke, überraschte mich dann doch

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Zu Tränen gerührt: der Produzent, Regisseur und die Hauptdarsteller von "Valles of Saints"
Zu Tränen gerührt: der Produzent, Regisseur und die Hauptdarsteller von "Valles of Saints"

Foto: Lena Frommeyer

„Schuld“ an meiner Rührung waren die Hauptdarsteller vom Eröffnungsfilm „Valley of Saints“. Nach dem üblichen Red Carpet-Tamtam vor dem CinemaxX am Dammtor saßen sie inmitten der Zuschauer im Kinosaal Eins und durften – wie wohl 99 Prozent der Anwesenden – ihren Film zum ersten Mal sehen. Sie haben sich nicht verlesen. Die beiden Laienschauspieler Gulzar Ahmad Bhat und Mohammed Afzal Sofi leben im politisch unruhigen Kaschmir. Auch ihr Film thematisiert den Kaschmirkonflikt, bei dem Indien und Pakistan gleichermaßen Besitzansprüche an dem geteilten Land erheben. Trotz einer Entspannung der Lage kommt es immer wieder zu Anschlägen. In Kaschmir gibt es keine Kinos. Auch war es für Musa Syeed, dem amerikanischen Produzenten des Filmes „Valley of Saints“, nicht möglich, den Hauptdarstellern eine DVD zukommen zu lassen. Nachdem fest stand, dass ihr Beitrag das 20. Filmfest Hamburg eröffnet, startete ein Tauziehen mit den Behörden, damit Bhat und Sofi in ihrer Heimat ein deutsches Visum bekamen und zum ersten Mal in ihrem Leben in ein Flugzeug steigen durften.

Nun saßen wir also gestern Abend alle zusammen im Kino und staunten über einen wunderschön und sensibel komponierten Film. In faszinierenden Bildern erzählte er die Geschichte von zwei Freunden, die der Armut und dem Krieg entkommen wollen. Durch eine über die Region verhängte Ausgangssperre am Fliehen gehindert, lernt Gulzar eine hübsche Wissenschaftlerin kennen, welche die Wasserqualität des Dal-Sees untersucht. Eine zarte Liebesgeschichte beginnt, die den jungen Mann vor schwierige Entscheidungen stellt. Nach der Vorführung betraten der Produzent, der Regisseur und auch die zwei Hauptdarsteller die Bühne. Der Applaus rührte sie zu Tränen. Noch einmal erklärten sie, was ihnen das Filmprojekt bedeutet und wie sie ihre ersten Schauspielerfahrungen empfanden. „Wir werden diesen Tag nie vergessen“, bedankten sich die zwei Männer, die eben noch auf der Leinwand zu sehen waren. Ein wirklich schöner Auftakt für das Filmfest!

„Valley of Saints“ wird übrigens am Samstag (29.9.) um 19.15 Uhr in der Passage 1 erneut gezeigt.

Text: Lena Frommeyer
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Geschrieben von

Lena Frommeyer (SZENE HAMBURG)

20 Jahre Filmfest Hamburg - das ist mir einen Blog wert! Über das cineastische Leben vom 27.9.–6.10. berichte ich hier bald regelmäßig.

Lena Frommeyer (SZENE HAMBURG)

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