Urlaub – was für ein Wort!

Erlaubnisse Von der schönsten Jahreszeit zum Ausnahmezustand

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Die Freiheit des Urlaubs ist eine eingeschränkte
Die Freiheit des Urlaubs ist eine eingeschränkte

Foto: David Ramos/Getty Images

Urlaub ist schön. Es sei denn, dass es von jemandem heißt, er sei beurlaubt worden. Dann ist das wie Zwangsurlaub, und zwar wie Zwangsurlaub ohne Wiederkehr. Doch bereits den gewöhnlichen Urlaub hat man nicht nur gern, sondern auch nötig. Von Zeit zu Zeit ist man einfach urlaubsreif, nämlich als berufstätiger Mensch. Wer Urlaub braucht, ist erholungsbedürftig. Was die Feierabende in der Arbeitswoche, sind die Urlaube im Arbeitsjahr. Beides ist dazu da, wieder zu Kräften zu kommen, zu Berufsarbeitskräften. Die Arbeitskraft soll in der arbeitsfreien Zeit wiederhergestellt werden. Das muss nicht groß per Gesetz oder von einem Dienstherrn verordnet sein, sondern das verlangt jeder Erwerbstätige von sich selber, will er doch seinen Erwerb, also seinen Lebensunterhalt nicht missen. "Erhol dich gut!" kann man darum jedem, der seinen Urlaub antritt, nur wünschen.

Das Wort Urlaub klingt so, als wäre es eine Art von Laub. Aus Laub wurden einst Hüttendächer gefertigt. Ob das Wort vielleicht auf Lauben oder Hütten anspielt, in welchen früher viele Urlauber gern Einkehr hielten und das auch heute noch tun? Oder, statt in die Ferne zu schweifen, das nahe gelegene Gute in Gestalt einer eigenen Gartenlaube vorzogen und -ziehen? "Urlaub in Balkonien" ist die zeitgemäße Wendung dafür. Das jüdische Laubhüttenfest zum Herbstbeginn nimmt ja mit seinen sieben Tagen nahezu Urlaubsausmaße an. Dass es in der Urlaubszeit irgendwie feier- und festlich zugehen soll, deuten unmittelbarer die sinnverwandten Ferien an, in welche die Schweizer Urlauber ganz ausdrücklich gehen. Die römischen "feriae" waren vor allem Tage zum Feiern öffentlicher wie privater Feste.

Eine andere "Urlaubs"-Fährte führt über das umgangssprachliche Urlauben zum Erlauben. Um Urlaub zu bekommen, muss gewissermaßen eine Erlaubnis eingeholt werden. Man stellt einen Urlaubsantrag, der bewilligt wird oder auch zuvor verhandelt werden muss, wenn zum Beispiel mehrere Teammitglieder gleichzeitig Urlaub nehmen möchten, obwohl die "Mannschaft" ständig gut besetzt sein soll. Das Problem ist unter anderem durch das Finden einer Urlaubsvertretung lösbar.

Nun erlaubt von Haus aus nur jemand etwas, der es auch verbieten kann. Zugespitzt gesagt, können also nur Geknechtete Urlaub nehmen. Auch wenn heutzutage der Urlaub ein Bestandteil des Arbeitsrechts ist, so ist doch dieses und überhaupt das ganze Recht etwas Gewährtes. Es setzt Untertanen voraus, die an festen oder auch lockeren Zügeln gehalten werden können, je nach Gutdünken ihrer Obrigkeit. In demokratischen Zeiten stimmen sich Herren und Knechte so perfekt aufeinander ab, dass es aussieht, als gäbe es überhaupt keinen Unterschied zwischen Herrschenden und Beherrschten mehr, obwohl zugleich offenkundig nur wenige regieren und der ganze Rest sich regieren lässt.

Alle bürgerlichen Rechte, sprich: Erlaubnisse, empfinden die Berechtigten, sprich: Reglementierten, als überwundene Unfreiheit – jedenfalls solange seitens der Staatsführung keine besonderen Notlagen besondere Notmaßnahmen erfordern und selbst noch die fortgeschrittenste Demokratie als knallhart "wehrhafter" Gewaltapparat sich alles erlaubt, was seine Mittel hergeben, zu denen dann auch die Manövriermasse des Staatsvolks zählt. Wer möchte im Vorfeld dieses Notstands sich selbst erlauben, jedes seiner Rechte mit Vorsicht zu genießen! Ein merkwürdig freier Urlauber müsste das sein.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Leo Allmann

M.A. Philosophie

Lesefreudiges Nachkriegskind

Leo Allmann

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