Das Gedicht spricht

Literatur Am 23. November 1920 wurde Paul Celan geboren. Walter Benjamin traf er nie – doch beide sehen Geschichte als Erinnern. Das zeigt auch die „Todesfuge“
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 47/2020
Das Gedicht spricht

Fotos [M.]: Koll/dpa, Leemage/Imago

Am 16. März 1937 erreichte Walter Benjamin im Exil in Paris ein Brief seines Freundes Max Horkheimer. Es war die Zeit, in der sich Benjamin tief in Fragen von materialistischer Geschichtsschreibung und die Möglichkeiten der Kunst verstrickte. In diesem Zusammenhang schrieb Horkheimer, die Idee der „Unabgeschlossenheit“ sei „idealistisch“ – also nicht materialistisch –, „wenn die Abgeschlossenheit nicht in ihr aufgenommen ist“. Denn, so schreibt der Philosoph weiter: „Das vergangene Unrecht ist geschehen und abgeschlossen. Die Erschlagenen sind wirklich erschlagen.“

Benjamin notierte zu Horkheimers Brief, dass „die Geschichte nicht allein eine Wissenschaft“ sei, sondern „nicht minder eine Form des Eingede