Ein Magazin für reiche Radikale

Konservatismus Die Rechte streitet über ihre Strategie. Trotz Spaltungstendenzen bleibt ein gemeinsamer Feind – der Liberalismus
Ausgabe 37/2017

Jargon ist das passendste Wort, um die Sprache der Rechten zu beschreiben. Ihre Publikationen strotzen vor hochtrabenden Vokabeln, die das „Wirkliche“, das „Authentische“ beschwören – letztlich läuft es immer auf die Mystifizierung von Volk, Nation und Familie hinaus. Das vergangenen Freitag erschienene Magazin Cato bildet da keine Ausnahme. Es will sich für den „vergessenen Wert des Bewahrens“ einsetzen und eine „Arche für die Stürme von morgen“ sein. Wer diese Stürme lostritt, verrät Chefredakteur Andreas Lombard raunend im Editorial: von einer „Zeit der Reaktion, aber ohne Biedermeier und mit der Wucht der Revolution“ ist da die Rede.

Doch es wäre zu einfach, sich über solch pseudointellektuellen Duktus lustig zu machen. Dass die Neue Rechte nicht ungefährlich ist, zeigen der Aufstieg der AfD und der wirtschaftliche Erfolg der Zeitung Junge Freiheit (JF) nicht minder als die wachsende Aufmerksamkeit für das „Institut für Staatspolitik“ (IfS) in Schnellroda. Wie symbiotisch diese Akteure ihren Erfolg gegenseitig förderten, ist ausführlich von Volker Weiß (Die autoritäre Revolte) und Thomas Wagner (Die Angstmacher) beschrieben worden. Zentral ist dabei das Konzept der „Metapolitik“, heißt: die Ausweitung des Politischen auf das Vorpolitische, auf Fragen der „kulturellen Hegemonie“, ein Begriff, den die Rechte von Antonio Gramsci rezipiert. Es ist das Schlüsselkonzept, das ideologiepolitisch die AfD vorbereitete. Indem sich die JF für Autoren verschiedener Prägung öffnete, bereitete sie die rechte Sammlungspartei auch strukturell vor.

Willkürlich und ahistorisch

Diese Symbiose ist jedoch seit 2014 gestört. Karlheinz Weißmann, einst neben Götz Kubitschek Gründer des IfS, ist Schlüsselfigur dieses Bruchs, die AfD einer seiner Austragungsorte. Während die JF um Dieter Stein weiter auf den gemäßigten Flügel der AfD und einen Vorstoß ins Bürgertum setzt, will Kubitschek sich auf Aktion und Radikalität stützen. Dass Weißmann nun, von Stein finanziert, ein rechtes Hochglanzmagazin auf den Markt wirft, ficht Kubitschek indes nicht an. Beim IfS setzt man auf die ausgegründete „Identitäre Bewegung“ und den völkisch-nationalen Flügel in der AfD um André Poggenburg und Björn Höcke, der die AfD als „fundamentaloppositionelle Bewegungspartei“ etablieren will.

Cato hat ein klares Ziel. In einer Broschüre für Anzeigenkunden wird das angestrebte Publikum durchweg als „erfolgreich“ und traditionsbewusst beschrieben. Auch hier schreiben AfD-Politiker, jedoch aus dem rechtskonservativen Flügel. Ansonsten geht es viel um Kunst, Geschichte, Architektur – schöngeistiger und metapolitischer als Cicero, optimistischer und verspielter als Sezession, will das Blatt sich bei reichen Rechten etablieren. Kubitschek hat dafür nur Spott übrig, spricht am Telefon von einem „Wohlfühlmagazin für Wohlstandskonservative“.

Der Streit sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle ein gemeinsames ideelles Fundament haben – und ein gleiches Ziel. Die Neue Rechte bezieht sich durchweg auf die sogenannte Konservative Revolution, eine Erfindung des rechten Vordenkers Armin Mohler. Gemeint ist ein Kanon von Denkern aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, der so gelesen wird, dass der Nationalsozialismus umschifft wird. Das ist zwar willkürlich und grob ahistorisch, macht jedoch das wesentlich „Neue“ an der Neuen Rechten aus. Auf Deutschland und seine Geschichte will man sich positiv beziehen, sich das Deutschsein von den „bekannten Verbrechen“ (Lombard) nicht vermiesen lassen.

So ist auch das Feindbild klar. Ob Migration oder Auflösung der Geschlechterrollen, Verlust des Nationalstolzes oder „menschenferne“ Kunst – das Grundübel ist der Liberalismus. Das konservative Bürgertum wird so zur größten Gefahr für die Demokratie – und den Frieden in Europa. Denn im Zweifel schlagen die Rechten vereint.

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Geschrieben von

Leander F. Badura

Redakteur Kultur (Freier Mitarbeiter)

Leander F. Badura kam 2017 als Praktikant im Rahmen seines Studiums der Angewandten Politikwissenschaft in Freiburg und Aix-en-Provence zum Freitag, wo er bis 2019 blieb. Nach einem Studium der Lateinamerikastudien in Berlin und in den letzten Zügen des Studiums der Europäischen Literaturen übernahm er 2022 im Kultur-Ressort die Verantwortung für alle Themen rund ums Theater. Des Weiteren beschäftigt er sich mit Literatur, Theorie, Antisemitismus und Lateinamerika. Er schreibt außerdem regelmäßig für die Jungle World.

Leander F. Badura

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