Es geht nicht um uns

Geschichte Das Gedenken an den Holocaust ist selbstreferenziell geworden. Die Opfer geraten aus dem Blick. Dabei gilt nach wie vor: Erinnerung muss innerlich werden
Exklusiv für Abonnent:innen
Es geht nicht um uns

Foto: imago/ecomedia/robert fishman

Hans Mayer traf am 17. Januar 1944 in Auschwitz ein. Er war einer von 655 Deportierten im Transport Nr. XXIII. Später schilderte er folgende Szene: „Eine Frau … löst sich plötzlich mit aufgelöstem Haar und tragischen Gebärden von ihren Genossinnen und fragt schreiend, bereits mit sichtlichen Anzeichen beginnender Geistesgestörtheit, nach ihrem Kinde. … Sie gerät an einen wachthabenden SS-Mann, ,Mein Kind’, sagt sie, ,haben Sie nirgends mein Kind gesehen?’ ,Ein Kind willst Du?’, antwortet der SS-Mann mit vollkommener Ruhe, ,warte…’ Und er geht sehr langsam auf die Gruppe … der Kleinen zu. Er bückt sich und ergreift einen etwa vierjährigen Knaben beim Fuß. Er hebt ihn hoch und wirbelt ihn