Following Christopher Nolan

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Filme müssen irgendwas mit einem machen – nach dem Kinobesuch sollte sich alles irgendwie komisch anfühlen – dann war der Film gut. Meistens hält das Gefühl dann nur bis zum Bier danach, aber immerhin. Für Filme mit Nachwirkungen ist Christopher Nolan bisher immer gelobt worden. Zu Recht. Auch Inception sei kaum zu verstehen, haben jetzt viele geschrieben, so vielschichtig sei Nolans neuester Film. Am besten verstehe man ihn selbst als eine Art Traum, und Träume sind schließlich immer auch ein bisschen Nonsense.

Doch in Nolans Filmen hat alles seinen Sinn. Vielleicht musste man sich seine Filme dafür öfter anschauen. Doch Inception will ich mir gar nicht noch einmal anschauen. Ich hab schon alles verstanden. Es gibt eine Hand voll einfacher Regeln, keine großangelegte Hermeneutik. Nichts, was einen auf Dauer verwirren würde – oder nicht mehr so stark wie früher. Vielleicht auch, weil man mittlerweile weiß, was Nolan mit einem vorhat.

In Inception geht es um Ideen. Darum, wie sie in uns reinkommen. Ideen haben es schwer, denn sie müssen durch allerhand Traumebenen durch, um sich in unserem Bewusstsein zu verankern. Träume sind zunächst mal pure Kreativität, sagt der Film. Und DiCaprio: „Nach unten ist der einzige Weg vorwärts.“ Ganz runter will man aber auch nicht, denn dann ist man im „Limbus“ – im rohen, unkontrollierbaren Unterbewussten. Dazwischen sind lauter Ballersequenzen – das Kino ist immer noch der größte Ideengeber: Auf der Leinwand entstehen unsere Sehnsüchte und unsere Realität. Da kann man schon einmal etwas durcheinanderbringen – das ist die Idee, um die Inception kreist: „die Welt ist nicht real“. Es ist die gleiche Idee wie in allen Filmen Christopher Nolans.

Nolan trägt den Plot zu Inception seit 15 Jahren mit sich rum, also mindestens so lange wie die Handlung zu seinem ersten Film, Following. In dem ist nach wie vor alles, was Nolans Filme ausmacht. In Following beginnt ein arbeitsloser Schreiber Leute zu verfolgen. Um zu sehen, wohin sie gehen und was sie machen. Mit einem Kollegen bricht er in Wohnungen ein, immer auf der Suche nach dem, was den Menschen ausmacht: Eine Box mit den intimsten Gegenständen, Erinnerungen und Fotos – „wie ein Tagebuch“, sagt sein Komplize - „sie verstecken es, aber eigentlich wollen sie, dass man es findet“ – „Wir nehmen ihnen etwas weg, um ihnen zu zeigen, was sie hatten.“

Doch diese Version – jeder hat etwas, das seine Identität ausmacht – wird im Film schnell zerstört. Der Hauptdarsteller bricht mit seinem Kollegen in die eigene Wohnung ein, um etwas über sich zu erfahren. An seiner Tür klebt ein Batman-Aufkleber. In seiner Wohnung ist nur Chaos, sonst nichts. Keine Box. Nur ein Buch von dem Hauptideengeber Plato. Fazit: In uns drinnen ist nur Joker-Country, Chaos und Wahnsinn – reine Projektionsfläche, die irgendwie mit „Realität“ angereichert werden will.

Nun also Inception. Manchmal sehnt man sich auch hier danach, endlich neue Ideen eingepflanzt zu bekommen, um sich an irgendetwas festhalten zu können – Kino, gib uns ein bisschen Realität, ich mag meinen Wahnsinn nicht. Dieses komische Gefühl hält leider nur noch solange, wie man im Kinosessel sitzt. Nolan verursacht kaum noch Nachwirkungen.






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