Ein „Wald-Sparbuch“ oder einen „Baum-Sparvertrag“, mit solchen Produkten wirbt das Unternehmen Forest Finance. Es geht um Investitionen in Waldflächen, die Motive der Investoren reichen vom ökologischen Idealismus bis zum knallharten Wirtschaftsinteresse. Geschäftsführer Harry Assenmacher findet, der Natur ein Preisschild zu verpassen, ist im Kapitalismus naheliegend.
der Freitag: Herr Assenmacher, Sie wollen nach eigener Aussage „ein nachhaltiges Wald-Wirtschaftssystem“ schaffen. Was genau macht Forest Finance?
Harry Assenmacher: Eigentlich das, was unser Slogan aussagt: Wir machen Wald. Und inzwischen auch Landwirtschaft. Das heißt: Unser Produkt ist Wald, Bäume, Früchte, die daran wachsen und was daraus gemacht wird. Also natürlich Holz, aber auch Kakao, Oliven, Datteln, Bananen. All das machen wir auf ökologisch-nachhaltige Art. Und man kann bei uns ein langfristiges Investment in Wald tätigen, bei dem wir uns der Denke entziehen, wie sie allgemein in der Wirtschaft herrscht, man müsse ganz schnell Profite erzielen.
Wie viele Hektar Wald hat Ihr Unternehmen bereits angelegt?
Es sind deutlich über 15.000 Hektar mit den Waldflächen unserer Tochterunternehmen. Das ist für deutsche und europäische Verhältnisse viel, aber in den Tropen ist das nach wie vor noch Gärtnerei.
Man kann bei Ihnen CO2-Zertifikate erwerben. Warum ist Ihre Arbeit Klimaschutz?
Ja, das ist richtig, aber ich bin kein Freund des Zertifikatehandels. Ich glaube, das ist ein Finanzinstrument, wie es sich die Finanzindustrie wünscht. Wir machen das nur, weil durch unsere Aufforstung das CO2 tatsächlich der Atmosphäre entzogen und in einer wunderschönen Deponie, nämlich Wald, angelegt wird. Es ist unstrittig, dass Wald die einzige Art und Weise ist, wie man CO2 natürlich wieder aus der Atmosphäre bekommt.
Zur Person
Harry Assenmacher , Jahrgang 1955, ist Gründer und Geschäftsführer von Forest Finance. Das Unternehmen mit Sitz in Bonn ist Anbieter für Waldinvestments und forstet unter anderem in Panama, Kolumbien und Peru Brach- und Weideflächen auf und bewirtschaftet sie
Wie viel Idealismus steckt noch in Forest Finance?
Hoffentlich mindestens genauso viel wie wirtschaftliches Interesse. Wobei, man muss ehrlich sein: Wir leben in einer kapitalistischen Welt und wenn wir keine Spendenorganisation oder eine NGO aufmachen, muss man wirtschaftliche Ziele verfolgen. Ich habe lange für NGOs gearbeitet, es war eine bewusste Entscheidung, ein Wirtschaftsunternehmen zu gründen. Wir versuchen hier einen Dreiklang zwischen den Interessen von Investoren, den Menschen in den Ländern, wo die Wälder angelegt werden, und der Umwelt selber herzustellen. Das führt logischerweise dazu, dass wir geringere Renditen haben als hochindustrialisierte Forst- oder Landwirtschaft.
Ihr Slogan ist auch: „Dem Wald einen Wert geben.“ Begegnet Ihnen die Kritik, dass Sie durch Ihre Arbeit eine Ökonomisierung der Natur vorantreiben?
Diese Kritik sollte eine am System selber sein, an unserer gesamten Art zu wirtschaften. Aber wir leben in diesem System, und wenn man Alternativen dazu anbieten will, muss man erst mal darin anfangen. Die Natur mit einem Preisschild zu versehen, hat eine positive und eine negative Seite. Die negative ist, dass sie die Natur in das kapitalistische System führt. Auf der anderen Seite macht es vielen Menschen erst mal bewusst, dass Natur überhaupt einen Wert hat.
Die Debatte um die Rodungen für den Braunkohletagebau im Hambacher Forst wird von den Waldschützern emotional geführt, von RWE rein ökonomisch. Verstehen Sie beide Seiten?
Nein, da sind wir nicht auf beiden Seiten. RWE und die anderen Energiekonzerne sind die dunkle Seite der Macht. Wir haben es nicht mit einer Auseinandersetzung einer Bürgerenergiegenossenschaft aus Hambach gegen Waldschützer zu tun, sondern mit einem riesigen Konzern, der seine überkommenen umweltzerstörenden Profitinteressen durchsetzen will. In Deutschland ist die Situation, was Wälder betrifft, anders als in den Tropen. Wir haben nur noch wenige ansatzweise Naturwälder. Der Rest sind Wirtschaftswälder, deshalb ist es wichtig, einen scheinbar kleinen Wald wie den Hambacher Forst zu erhalten. Wir haben in Deutschland Projekte, die rein auf Walderhalten zielen, wie etwa „WildeBuche“ und den Waldfriedhof „Rest in Trees“, wo Menschen ihre Waldgrabstätte bezahlen und dadurch den Urwald erhalten.
Mehr als 20.000 Menschen investieren in Ihr Unternehmen. Wer sind diese Leute?
Die Spannbreite ist groß. Das reicht vom stockkonservativen CSU-Pfarrer in Bayern, der Schöpfungsschutz betreiben will, bis zum Anarchosyndikalisten aus Kreuzberg, der schon für 30 Euro im Monat einsteigt oder nur einen Baum verschenkt. Auch die Motivation der Investoren ist unterschiedlich: vom ökologischen Idealismus bis zum knallharten wirtschaftlichen Interesse.
Einige Investoren wollen sich die Wälder, die Kakaoplantagen vor Ort anschauen. Wie häufig fliegen Sie?
Ja, da muss man ehrlich sein: Ich fliege viel zu oft. Ich habe trotzdem noch eine gute Klimabilanz, weil ich privat schon sehr viel Wald gepflanzt habe. Wir können uns dem als Unternehmen nicht entziehen. Wir machen so viel wie möglich Videokonferenzen, aber es gibt eine hohe Reisetätigkeit, auch von den Kunden. Es gibt aber an den Standorten ein gut funktionierendes Management vor Ort, sodass wir nicht als naseweise Europäer dauernd anreisen und in das Tagesgeschehen einwirken. Es war immer das Ziel, dass die Menschen aus der Region, aus dem Ort das lokal managen.
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