Was wollen die Grünen?

Strategie In einem halben Jahr stehen ein neuer Bundestag und damit die Bundesregierung sowie die Kanzlerschaft zur Wahl. Was wollen die Grünen?

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In einem halben Jahr (am 26. Sept. 2021) stehen in Deutschland ein neuer Bundestag und damit die Bundesregierung sowie die Kanzlerschaft zur Wahl. Die Ära unter der Führung von Angela Merkel geht zu Ende und der Autor dieser Zeilen glaubt nicht an die Fortsetzung einer CDU/CSU-Regentschaft (mit oder ohne AfD-Beteiligung). Links von der CDU tummeln sich die Grünen, die SPD und die Linken. Ob das für eine rot-rot-grüne Koalition reichen wird, steht in den Sternen.

Der vorliegende Text geht von der Frage aus, wo und wie sich die Grünen in Wirtschaftsfragen positionieren. Wollen sie den Green New Deal innerhalb der öko-sozialen Marktwirtschaft oder wollen sie eine Post-Wachstums-Gesellschaft im Rahmen einer sozialökologischen Transformation? Würde man (erstens) die globale Klimagerechtigkeit als oberstes Ziel definieren und (zweitens) unterstellen, dass die aktuellen Ziele der jüngsten Klimaschutzabkommen auf schnellstem Weg zu erreichen sind, müsste man für den radikalen Wandel votieren. Nur wer die Dinge entspannter und den Schutz des Ökosystems Erde nicht als vorrangig sähe, könnte sich (des sozialen Friedens wegen) für die Steigerung des BIP stark machen.

Bei dieser Art der Betrachtung fehlen jedoch die Fragen, ob Politiker*innen selbst klimafreundlich leben und arbeiten, welche Ressourcen sie verbrauchen, wie sie ihre Umwelt behandeln und wie sie mit den Medien umgehen. Es fehlt zudem die Frage, ob eine Europäische Grüne Union in der gegenwärtigen Phase zunehmender Nationalisierung denkbar ist. Und es fehlt die Frage, ob ein Weniger an Wahlkampf mehr bewirken könnte. Echte Meinungsbildung besteht m. E. darin, klare Standpunkte zu beziehen und diese so gut wie möglich zu begründen. Das würde nicht nur der/dem Wähler*in helfen, das hilft auch der Politik. Momentan erscheint mir die Vorstellung gefährlich, grüne Politik könne dort ansetzen, wo sie mit dem Einsetzen der Pandemie versickert ist. Denn trotz grüner Regierungsbeteiligung während der Pandemie hat sich in Österreich grüne Politik nicht nur nicht durchgesetzt, die Performance grüner Entscheidungsträger*innen ist selbst zur Farce geworden. Wer wie der grüne Gesundheitsminister »Anschober im Monat zwölf der Pandemie ein Gesetz vorlegt, das erneut verschärfte Ausgangssperren, Versammlungsverbote und Strafen vorsieht, muss sich eingestehen, im Pandemiemanagement gescheitert zu sein« (Barbara Tóth im Falter 10/21). Man könnte es auch so formulieren: Die österreichischen Grünen haben wegen der Klimakrise die Regierungsbeteiligung geschafft und riskieren mehr und mehr, bei den kommenden Wahlen wieder aus dem Parlament zu fliegen.

Meine persönliche Empfehlung an die deutschen Grünen lautet: Bleibt euren Grundsätzen treu und lasst euch nicht zu Kompromissen hinreißen, die der Klimagerechtigkeit zuwiderlaufen. Haltet größtmöglichen Abstand zur »Dunklen Seite der Macht« - vor und nach den Wahlen.

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