Hochzeitskleid und Smoking. So zogen viele Teilnehmer der Gay-Pride am vergangenen Samstag bis zur symbolträchtigen Place de la Bastille. Die Stimmung in Paris war ausgelasssen, ja fast überschwänglich. Frankreichs Homosexuelle feierten „ihren Sieg“; nach monatelangen politischen Debatten und Demonstrationen von Befürwortern und Gegnern der „Mariage pour tous“, der Ehe für alle. Mitte Mai hatte die Nationalversammlung dem Gesetz zugestimmt. Seither ist Frankreich das weltweit 14. Land, das die gleichgeschlechtliche Eheschließung erlaubt.
Damit hat die Regierung von François Hollande ein wichtiges Wahlversprechen eingelöst. Gegen den Widerstand der Opposition und den enormen Druck der Straße. Denn unter dem Slogan „Manif pour tous“ hatte Ende des Jahres 2012 ein Bündnis aus religiösen, politischen und zivilen Gruppen zu Demos für das Recht des Kindes auf Vater und Mutter aufgerufen, und Hunderttausende Franzosen schlossen sich landesweit den Protesten an.
Den Vorwurf, sie verträten homophobe Ansichten, wiesen sie stets zurück. Dennoch gab es bis ins Frühjahr 2013 hinein einen deutlichen Anstieg von Übergriffen auf Schwule und Lesben. Einige wurden krankenhausreif geschlagen, andere verbal attackiert.
Homosexualität ist wieder zum Politikum geworden. Eine Gruppe militanter Gegner der Homo-Ehe wettert unter dem Namen „Französischer Frühling“ weiter gegen die Ehe für alle. Vorerst finden zwar keine weiteren Demos statt, doch das Thema bleibt präsent; zum Beispiel, weil sich manch konservativer Bürgermeister weigert, homosexuelle Pärchen zu trauen.
Alte Ängste haben es wieder in die Mitte der Gesellschaft geschafft. Das Land der Revolution und der Menschenrechte hat sich von seiner hässlichen, reaktionären Seite gezeigt. Der größte, noch offene Streitpunkt bleibt das Recht auf künstliche Befruchtung. Die Frage wird bis Jahresende vom Nationalen Ethikrat geprüft und sehr wahrscheinlich von neuen Protesten begleitet werden.
In Paris: Demonstration für das Recht, gegen die Homo-Ehe zu sein
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