Je länger man sich mit der Lage der derzeitigen Politik beschäftigt, desto größer wird die Überzeugung, dass wir ohne eine einschneidende Änderung, keine Chance haben werden, uns die Demokratie zurück zu erobern. Wenn ein Bundespräsident Gauck, eine Bundeskanzlerin Merkel, und Partei Think-Tanks erklären, dass es Entscheidungen gäbe, die zu wichtig wären, um sie dem Volk zu überlassen, muss man sich fragen, was "Demokratie" eigentlich noch für unsere Elite bedeutet. Aber es gibt noch viel mehr Gründe, warum wir mit dem derzeitigen System einfach nicht mehr in der Lage sind, Demokratie in der politischen Praxis umzusetzen, weshalb wir ein grundlegendes Upgrade benötigen. Und da Wahlen nichts mehr ändern, ist dies wohl nur in der außerparlamentarischen Opposition möglich. Schauen wir uns die Situation an:
Der Geist des Grundgesetzes ist längst Schnee von gestern. Die Ideen und Grundsätze des früher einmal als wegweisend angesehenen Grundgesetzes, wurden nicht nur ausgehöhlt, sondern sogar teilweise ins Gegenteil verkehrt. Der so genannte Verfassungsschutz hat sich als lediglich geeignet erwiesen, die herrschenden Eliten zu schützen, mitnichten aber das Grundgesetz. Und da wir in Deutschland niemals eine unabhängige Justiz hatten, entgegen Behauptungen unserer politischen Führung (www.gewaltenteilung.de), gibt es auch keine wirkliche Verhinderung des Ignorierens des deutschen Grundgesetzes mit Hilfe des Verfassungsgerichtes. Denn dieses wird hochpolitisch zusammen gesetzt und besteht teilweise sogar aus ehemaligen Politikern, die selbst für Gesetze verantwortlich sind.
DAS VERFASSUNGSGERICHT
In wirklich wichtigen Fragen beugt sich das Verfassungsgericht regelmäßig der "Realpolitik". Sei es in Fragen der Euro-Einführung, oder der Euro-Rettung, oder in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. (Ebenso weigert sich unsere politische Elite, "das Volk" zu befragen.) In weniger wichtigen Dingen, macht das Verfassungsgericht regelmäßig von sich reden, weil es Gesetze kippt, die von der Regierung erlassen wurden, aber nicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Wie kommt es nun, dass solche Verbrechen der Regierung nicht geahndet werden. Es gibt durchaus Länder, die Sanktionen gegen Politiker vorsehen, welche z.B. verfassungswidrige Gesetze erlassen. Wenn ich bei Rot über die Ampel fahre, würde ich auch gerne von der Polizei eine Verwarnung erhalten, mit dem freundlichen Hinweis, mein Verhalten bis zum nächsten Jahr zu ändern.
Weder Justiz, noch der so genannte Verfassungsschutz, ist also bereit und in der Lage, unser Grundgesetz zu schützen. Bleibt die Vierte Macht im Staat, die Medien.
DIE MEDIEN
Leider haben sich die Medien zu einem Sprachrohr der Mainstreampolitik entwickelt. Zwar stürzen sie sich manchmal genüsslich auf kleine Streitereien zwischen den verschiedenen Fraktionen der Eliten, wie z.B. bei der Frage der lächerlichen Maut. Oder sie zerstören mit Absicht den Ruf einer Person wegen Kleinigkeiten, die sich anschließend sogar als Sturm im Wasserglas zeigen, wie am Beispiel von Ex-Bundespräsident Wulff zu sehen. Aber wenn es um wirklich wichtige Dinge geht, wie z.B. um Milliarden-Korruption deutscher Industrie in Geschäfrten mit Griechenland, oder bei Fragen über Krieg oder Frieden, soziale Gerechtigkeit, so genannte "Reformen", die den Staat und damit die Bevölkerung immer weiter schwächen, in Fragen des Überwachungsstaates, usw., werden sie eigentümlich einförmig. So einförmig, wie höchstens noch die Medien in den USA, aber selbst die scheinen wir bereits überholt zu haben. (Siehe auch andere Artikel zu dem Thema.) Die Medien in Deutschland sind nicht mehr nur unkritisch, sondern sie sind der wichtigste Stützpfeiler, zur Erhaltung des undemokratisch gewordenen Status Quo. Denn Demokratie ist ohne kritische Medien schlichtweg unmöglich.
BEISPIELE FÜR VERLORENE GRUNDRECHTE
In einem anderen Artikel hatte ich schon dargelegt, wie jeder Deutsche für sich selbst feststellen kann, wie er die "Demokratie" in Deutschland beurteilt. Ganz einfach, indem er die Definition in Wikipedia mit der Wirklichkeit vergleicht. Ich will die Beispiele für verlorene Grundrechte, die ich bereits in den verschiedenen anderen Artikeln beschrieben habe, hier nicht wiederholen. Ich will nur ganz kurz einige der für mich persönlich wichtigsten Punkte herausgreifen.
DIE AUSSERPARLAMENTARISCHE OPPOSITION
Bei der letzten Bundestagswahl haben wir erneut gesehen, dass Wahlen schier gar nichts ändern. Obwohl es eine Mehrheit links der Mitte gab, mit der die wichtigsten Wahlsprechen von SPD, Grünen, Die Linke, hätten im Hauruck-Verfahren umgesetzt werden können, bildete sich eine Regierung einer großen Koalition. Und am liebsten würden die Grünen auch noch mitmachen.
Und was übrig blieb wurde verwässert, verfälscht oder unter den Teppich gekehrt. Keine der wirklich brennenden und wichtigen, ja existentiellen Themen werden angegangen oder diskutiert.
Da die im Bundestag vertretenen Parteien offensichtlich das derzeitige undemokratische System unterstützen, und oppositionelle Parteien den Schein erwecken, nur möglichst selbst an die Hebel der Macht kommen wollen, wird es Zeit, dass eine außerparlamentarische Opposition beginnt, grundlegende Reformen zu verlangen. Reformen, die den an der Macht befindlichen Politikern nicht gefallen werden, und sicher auch jenen nicht, die nicht Politiker sind, aber trotzdem Macht ausüben.
ZIELE DER AUSSERPARLAMENTARISCHEN OPPOSITION
1. Neutralisierung der Medienmacht
Die privaten Medien, soweit sie zu den Unternehmen gehören, die massgeblichen Einfluss und Reichweite besitzen, müssten sich außerdem, wie die vergesellschaftlichen Öffentlich Rechtlichen Medien, die nach einer Übergangszeit keine Zwangsgelder mehr eintreiben dürfen, einer Kontrolle durch die Medienkonsumenten unterwerfen.
Das Ziel der Medienreform muss sein, eine pluralistische Medienlandschaft zu erhalten, die kritisch gegenüber der herrschenden Elite ist, und ein Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse darstellt. Ein Ziel, das ursprünglich einmal durch die Gründer der Bundesrepublik mit dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk geplant war, deren Anspruch aber leider nie erfüllt wurde.
2. Überprüfung aller Gesetze auf Einklang mit Geist des Grundgesetzes
3. Das System der politischen Parteien
Die deutschen politischen Parteien haben sich in den letzten 70 Jahren ein System erschaffen, in der sie eine Macht akkumuliert haben, die dem normalen Bürger kaum zu erklären ist. Als Beispiel sollte nur die Konrad Adenauer Stiftung genannt werden. Beschäftigen Sie sich mit dem Einfluss auf deutsche und internationale Politik, und sie werden erblassen, was mit deutschen Steuergeldern gefördert wird, schauen wir nur einmal in die Ukraine. Die zur CDU gehörende Konrad Adenauer Stiftung ist durch die Förderung von Witalo Klitschko mitverantwortlich für die derzeitige Situation in der Ukraine.
Im Klartext heißt das: Drastische Beschränkung der Fördermittel für Parteien und ihre Abkömmlinge, z.B. Stiftungen. Insbesondere darf das, kleinere Parteien benachteiligende, System von Zuschüssen zu Wahlkampfkosten, nicht weiter in dieser Form weiter geführt werden. Und, ein ebenso wichtiges Ziel: Parteispenden durch Privatpersonen oder Firmen, dürfen nicht an einzelne Parteien, sondern müssen in einen Topf eingezahlt werden, aus dem die Parteien nach einem Schlüssel alimentiert werden.
Außerdem wird es höchste Zeit, dass Korruption von Parlamentariern endlich strafrechtlich verfolgbar gemacht wird. Während 170 Staaten bereits die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert haben, gehört Deutschland, neben Syrien und Nordkorea zu den Ländern, die diese Konvention einfach nicht ratifizieren wollen.
4. Unabhängige Justiz
5. Pluralismus im Parlament
Eine Maßnahme z.B. muss die Gleichstellung aller Menschen mit Beamten. D.h. ein Bauer, oder eine Hausfrau, der/die sich für ein Mandat bemühen, sie müssen, insbesondere finanziell, genau so gestellt werden, wie Beamte. D.h. eine Hausfrau muss das Recht auf eine Haushaltshilfe für den Wahlkampf haben, ein Bauer das Recht auf eine Vertretung auf seinem Hof.
DEMOKRATIE IST NICHT LINKS ODER RECHTS
Diese fünf grundlegenden Änderungen haben nichts mit einer politischen Richtung zu tun, es sei denn, man sieht "Demokratisierung" als politische Richtung an. Da diese Änderungen aber nicht durch, oder mit dem herrschenden Establishment realisierbar sind, müssen sie durch gesellschaftliche Kräfte angestoßen werden, die sich außerhalb des Parlaments formieren. Natürlich könnte auch eine Partei, noch besser zwei Parteien mit gegensätzlichen Ideologien, den Nukleus einer solchen Bewegung bilden. Gemeint sind insbesondere Die Linke und die AfD. Sowohl Die Linke als auch die AfD, werden sich bei den nächsten Wahlen fragen lassen müssen, ob sie dem derzeitigen System Legitimität verschaffen, oder ob sie es zugunsten einer echten Demokratie verändern wollen.
Es geht nicht um rechte oder linke Politik, nicht um Mittelstands, oder -Armutspolitik, nicht um Bankenpolitik, Europapolitik oder um transatlantische Politik. Es geht darum, deutsche Politik wieder zu demokratisieren. Den Menschen wieder Einfluss auf politische Entscheidungen zu geben, und die ursprünglichen Werte und Ideen, die mit der Entstehung des Grundgesetzes, die Basis unserer neuen Kultur werden sollten, wieder zu beleben, und ins 21. Jahrhundert zu transformieren.
Erst wenn wir es schaffen, eine Demokratie 2.0 zu starten, können wir an die faire Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner denken. So lange aber die Basis für Demokratie fehlt, ist politische Auseinandersetzung, nicht mehr als eine Beschäftigungstherapie, die uns davon abhält, uns mit wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen.
Ich appelliere daher an alle echten Demokraten, an jene, die daran glauben, dass wir nach dem Krieg eine gerechte, faire Gesellschaftsordnung aufbauen wollten, an jene, die ihre Energie jetzt darauf verwenden, ihre politische Meinung in diesem unseren parlamentarischen System einzubringen, dabei aber erkennen, dass es unüberbrückbare Hindernisse gibt, überhaupt politisch relevant zu sein: Vergeudet nicht Eure Energie mit Don Quichottes Kampf gegen Windmühlenflügel. Kämpft mit allen anderen, die auch in erster Linie Demokraten sind, für eine Redemokratisierung Deutschlands.
Natürlich sind die Kosten für jene besonders hoch, die jetzt bereits im politischen System verankert sind. Die Wahlkampfentschädigungen aus Steuermitteln, die Einkommen aus Mandaten, die eine freie politische Arbeit so bequem ermöglichen, auf all das zu verzichten ist eine fast unüberwindbare Hürde. Aber so funktioniert das System. Parteipolitik, Mandate, machen süchtig, und Süchtige dienen ihren Dealern. Erste wenn eine Partei beginnt auf Teile der Vorteile zu verzichten, wird sie wirklich glaubhaft machen, etwas verändern zu wollen.
DER AUFSCHREI DER ETABLIERTEN
Ich höre sie schon rufen und will gleich darauf antworten:
1. Wer soll dann die Stimme der Opposition sein.
2. Wir leben in einer repräsentativen Demokratie und müssen die Spielregeln einhalten.
3. Besser ein bisschen verändern, als gar nichts bewirken.
4. Veränderungen im politischen System sind möglich. Siehe Syrize in Griechenland.
5. Wie soll man die politische Arbeit bezahlen, wenn man auf die Parteienfinanzierung verzichtet.
Und schließlich: Jede Graswurzelbewegung steht vor diesem Problem. Die Aufgabe ist es, möglichst viele Menschen zum Mitmachen zu bewegen, und durch die schiere Masse zu wirken. Und eine Bewegung, die überparteilich, im Prinzip unpolitisch, den gesellschaftlichen Upgrade fordert, wird sich auf Dauer glaubhafter darstellen können, als die Inhaber von Ämtern und Mandaten.
6. Was du willst ist eine Revolution, und dafür ist Deutschland nicht reif.
Und es ist keine Revolution. Es ist eine Renaissance. Es geht darum, die grundsätzlich guten und richtigen Lehren aus den letzten großen Kriegen, in die Neuzeit zu übersetzen. Es geht darum, den Menschen klar zu machen, wie das Grundgesetz von 1949 aussehen würde, wenn es heute geschrieben werden würde. Und es geht darum, klar zu machen, wie sehr unsere politische Wirklichkeit davon abweicht.
7. Du bist ein Spinner. Eine solche Bewegung würde durch die vereinte Macht von Politik, Wirtschaft, Banken und der Elite insgesamt, vernichtet werden, bevor sie die erste Veranstaltung organisiert hätte.
8. Du übertreibst maßlos. So schlimm ist das System überhaupt nicht. Schau mal in andere Länder, da ist es viel schlimmer.
Wollen wir unser System wirklich am Schlechtesten messen? Oder wollen wir unser System an unseren Forderungen und Erwartungen messen? Mich interessiert nicht, ob dieses oder jenes System schlechter ist. Mich interessiert, dass ich erkenne, dass die Ideale und Hoffnungen meiner Jugend verraten wurden, dass ein schleichender Prozess der Ent-Demokratisierung unser Land erfasst hat, und dass ich nicht bereit bin, das einfach hinzunehmen.
Wer der gleichen Meinung ist, der sollte diese Nachricht verbreiten, damit daraus eine Bewegung entstehen kann, die endlich Bewegung in die verkrusteten elitären Machtverhältnisse in Frage stellt.
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