Menschliche Ressourcen

Gesellschaftswandel Schon der Begriff „human ressources“ deutet daraufhin: Der Mensch wird zum Rohstoff. Einem Rohstoff den man formen, den man optimieren kann – als „Ich-AG“ oder als Firma.

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Der Mensch gibt seine Persönlichkeit auf, wird zur Maschine, die Arbeitsschritte ausführt, ohne nachzufragen. Für kritische Auseinandersetzung, Moral oder gar eigenen Willen ist kein Platz – ein scheinbar alternativloser Weg. Deshalb wird der Rohstoff schon von der Förderung aus dem Mutterleib an entsprechend bearbeitet: vom Fremdsprachenunterricht in der Kita, über Bullemielernen und Freizeitfreiheit bei G8, hin zum durchgeplanten Bologna-Studiengang. Bloß keine eigene Identität entwickeln, bloß nicht kritisch werden. Stattdessen Selbstoptimierung. Selbstvermarktung. Der Rohstoff Mensch lernt, sich selbst zu verkaufen. Auch hier das Credo: Anpassung. Bewerbungstipps und -trainings zeigen, wie man es richtig macht. Kein Raum für Ehrlichkeit, für Wahrheit. Stattdessen spielt man sich selbst, beziehungsweise eine persönlichkeitslose Version seiner selbst, jemand anderen. Bis zur Körpersprache wird alles perfekt durchgeplant, keinen Fehler will man machen, um mit seinem Angebot der Nachfrage zu entsprechen. Der Kapitalismus fordert nicht nur Wachstum, sondern wächst selbst, vom Wirtschaftssystem zum Gesellschaftssystem. Erzeugt eine scheinbar rationale Gesellschaft aus handelnden Individuen. Doch sind diese Individuen, diese hektischen, gestressten „human ressources“ bei weitem nicht individuell. Merken nicht, wie ihnen die grauen Herren die Zeit stehlen und wollen währenddessen wie Bibigirl, die vollkommene Puppe, immer mehr Sachen haben. Werden zum vollkommenen Konsumenten. Auch handelt die Gesellschaft nicht rational, denn der Mensch tut nicht, was für ihn als Gattungswesen das Beste wäre, sondern das, was ihn als einzelnen weiterbringt. Das zeigt den Widerspruch: Auch der entindividualisierte Mensch gönnt der Gesellschaft nichts.

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