Ist das Freiheit?

Meinung Ob Böllerverbot oder Tempolimit. Irgendjemand sieht seine Freiheit bedroht. Eine Gegendarstellung

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Ist das Freiheit?

Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Mit 180, 2oo oder sogar noch schneller über die Autobahn fahren. Mit Böllern zum Jahreswechsel einmal richtig Krach machen. Dies scheint bei vielen ein Teil ihrer Freiheit zu sein. Zumindest, wenn man die aktuellen Diskussionen verfolgt hat. Doch gefährde ich mit 200 km/h andere Fahrer? Gefährde ich andere Menschen, wenn ich mit Böllern werfe? Die Antwort: Natürlich gefährdet es die Gesundheit – um nicht zu sagen das Leben – anderer Mitmenschen.

Ein neuer Freiheitsbegriff?

Die Freiheit des einen endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. Diesen Satz haben die meisten Menschen wahrscheinlich schon oft genug gehört. Doch in vielen Debatten rund um den Klimaschutz (Tempolimit und Böllerverbot sind da die markantesten Themen) scheint dieses Leitbild keinen Wert mehr zu haben. Jede Einschränkung, egal ob diese Privatpersonen oder die Wirtschaft betrifft, wird von den Vertretern des Neoliberalismus als massive und unvertretbare Einschränkung der eigenen Freiheit bezeichnet. Doch muss die Freiheit immer auf das Handeln eines einzelnen Menschen abzielen? Sollte es nicht die Freiheit der Gesellschaft geben, ihr eigenes Weiterbestehen zu garantieren?

Die Freiheit jedes einzelnen ist die Bedingung für die Freiheit aller. Dieses Zitat von Karl Marx scheint meiner Argumentation erst mal zu widersprechen, doch wer sich die Folgen dieser Aussage genauer anschaut, wird feststellen, dass sich in dieser Aussage der Kern meiner Argumentation findet. Denn die Freiheit mit ungeheuren Geschwindigkeiten über die Straße zu brettern und mit Sprengstoff um sich zu werfen sind beides die eines: die Freiheit, anderen – nämlich den Verletzten eines potenziellen Unfalls – ihre Freiheit wegzunehmen. Doch wenn wir Marx´ Aussage erst mal als wahr annehmen, sehen wir, dass wir mit der Einschränkung der Freiheit anderer auch unsere eigene Freiheit verlieren. Es könnt die Freiheit bzw. die Möglichkeit sein andere um Hilfe zu bitten (nur um ein reales Beispiel zu nennen).

Um große Aufgaben, wie zum Beispiel den Klimaschutz, zu bewältigen, bei denen wir uns Einschränken müssen, brauchen wir einen neuen Freiheitsbegriff. Freiheit muss nicht nur bedeuten, handeln zu dürfen, ohne auf andere zu achten. Denn dies wäre die Freiheit Unfreiheit zu verbreiten. Was wir möglicherweise benötigen ist die Freiheit, gemeinsam etwas zu erarbeiten, die Freiheit gesellschaftliche Probleme und deren Lösungen zu diskutieren, ohne dass von Alternativlosigkeit oder Sachzwängen die Rede ist, die Freiheit niemandem seine Freiheit wegnehmen zu müssen.

Eine Sache der Interpretation

Aktuell interpretieren wir den Begriff der Freiheit nur auf eine Weise: als persönliches Recht eines einzelnen (wie oben bereits gesagt). Doch diese Interpretation hilft uns bei der Lösung globaler Probleme nicht weiter. Deshalb brauchen wir neue Interpretationen und Blickwinkel auf dieses Grundrecht. Natürlich sollten einige grundlegende persönliche Freiheitsrechte erhalten bleiben. Doch die Freiheit als gesamtes Konstrukt ist eindeutig vielfältiger, als dass man sich bei diesem Diskurs auf eine einzige Interpretation stützen könnte.

Doch hier ist keineswegs Schluss. Denn dieser Freiheitsbegriff ist auch so weitgehend, dass eine Einzelperson niemals alle Facetten (noch dazu in einem Text) erfassen könnte. Es kommt schließlich die Freiheit dazu, den Freiheitsbegriff zu erweitern.

Abschließend ist deutlich, dass eine Handlung einer Einzelperson, die andere Menschen in ihren Möglichkeiten einschränkt im Grunde einem weit gefassten Freiheitsbegriff widerspricht und im Grunde nicht die Freiheit, sondern die Unfreiheit repräsentiert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lion Rudi

politisch aktiv mit vielen Ideen (die wenigsten zu Papier gebracht; die allerwenigsten umgesetzt)

Lion Rudi

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