Jede*r hat das Recht...

Tag der Menschenrechte Heute kann gefeiert werden, dass wir die Menschenrechte haben. Doch wir sollten uns lieber darüber Gedanken machen, wo wir die Umsetzung verbessern sollten.

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In aller Welt werden heutzutage immer noch Menschenrechte verletzt. Diese Verletzungen werden zu Recht geächtet. Doch selbst in Deutschland, wo die Menschenwürde im Grundgesetz die höchste Priorität hat und es den meisten Menschen, im Vergleich zu anderen Teilen der Welt, sehr gut geht, ist die Lage nicht optimal. Wenn es darum geht die Menschenrechte nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen, sollte Selbstkritik immer erwünscht sein.

Um zu wissen, wo wir ansetzten müssen, braucht es die Erkenntnis über möglichst alle Mängel, die es zu beheben gibt. Zur Umsetzung bedarf es einer neuen Politik der Menschenrechte, die auch die eigenen Fehler der Vergangenheit aufarbeitet. Ohne Anspruch auf Objektivität und Vollständigkeit zu erheben lohnt sich ein Blick auf einige wichtige Punkte.

1. Asylpolitik

Während die Menschenrechte und die Menschenwürde hier hochgeachtet sind, werden bei der Asylfrage immer häufiger andere Maßstäbe angesetzt. Nicht nur von Rechtsaußen kommen Menschenverachtende Töne. Auch die reale Umsetzung der Asylpolitik ist nicht lupenrein. So werden weiterhin Asylsuchende in Krisengebiete, wie zum Beispiel Afghanistan abgeschoben. Dies wurde auch von Amnesty International in letzten Amnesty Report kritisiert.

Bezüglich der Situation auf dem Mittelmeer fehlt eine Inititive der Bundesregierung, um ein solides Seenotrettungsprogramm aufzustellen und andere EU-Länder von der Aufnahme der geretteten zu überzeugen. Ein solches Programm ist aber dringend erforderlich wie dieses Jahr bereits einige Vorfälle zeigten bei denen die Schiffe der Seenotretter Tage oder sogar Wochen nach einem Hafen suchten, der ihnen die Einreise gewährte. Wer den Mut hat Menschen dennoch zu retten, wie zum Beispiel Carola Rackete, muss mit Strafen rechnen.

2. Hass und Diskriminierung

Ein weiterer Kritikpunkt seitens Amnesty bezieht sich auf dem Umgang mit Hass und Diskriminierung. Laut einer von Amnesty durchgeführten Umfrage geben 61 % der Befragten an, dass zu wenig getan wird, um Menschen vor rassistischen und antisemitischen Angriffen zu schützen".

Um zu verhindern, dass sich eine diskriminierende Haltung gegen gesellschaftliche Minderheiten festigt, braucht es einen Ausbau präventiver Aufklärungsangebote. Die Aufstockung der Sicherheitsbehörden verhindert nicht das Aufkommen an menschenfeindlichem Gedankengut.

3. Soziale und kulturelle Rechte

Auch das Recht auf soziale Sicherheit und kulturelle Teilhabe sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gefestigt (Artikel 22 und 27). Doch durch das sogenannte Existenzminimum (Hartz-IV-Satz) ist dafür zu niedrig angesetzt. Vor allem das Sanktionssystem trägt dazu bei einkommensschwache Bevölkerungsschichten von diesen Grundrechten auszuschließen. Zu Recht wurde diese Sanktionspraxis vor kurzem zu in Teilen verfassungswidrig erklärt.

Eine soziale Sicherung in einem der reichsten Länder der Welt sollte den Anspruch haben, auch das Recht auf kulturelle Teilhabe garantieren zu können.

4. Privatsphäre

Durch die Vorratsdatenspeicherung und die verschärften Polizeigesetze, die die Polizei mit zusätzlichen Überwachungsbefugnissen ausstatten, wird verstärkt in die Privatsphäre der Menschen eingegriffen. Natürlich ließe sich einfach behaupten, dass die Mehrheit unserer Gesellschaft private Informationen von selbst im Übermaß im Internet zugänglich macht. Dennoch bleibt ihnen dabei die freie Entscheidung welche Daten sie bereit sind preiszugeben. Bei der Datensammlung seitens der Sicherheitsbehörden ist niemandem diese Möglichkeit gegeben.

Der Traum vom gläsernen Bürger bedeutet das Ende vieler Freiheiten. Wenn es Menschen nicht möglich ist etwas zu sagen, ohne zu wissen, wer schließlich Kenntnis darüber erlangt, kann seine Meinung nicht frei äußern. Stattdessen braucht es einen gläsernen Staat, der alle Bürger aufklären und ihre Interessen ohne große Geheimnisse vertreten kann.

Fazit

Von der perfekten Umsetzung der Menschenrechte sind wir noch weit entfernt. Obwohl es richtig ist Menschenrechtsverletzungen weltweit zu rügen, sollten sich auch Deutschland mal die Zeit nehmen und sich selbstkritisch mit den eigenen Fehlern und Mängeln auseinandersetzten, anstatt immer mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lion Rudi

politisch aktiv mit vielen Ideen (die wenigsten zu Papier gebracht; die allerwenigsten umgesetzt)

Lion Rudi

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