Ich gestehe es offen: Ich würde mir ja auch als Mann gern mal das Barbie-Dreamhouse ansehen. Wer weiß, vielleicht finde ich es ja sogar gut. Immerhin stehe ich auf rosa Mädchenspielzeug. Nein, nicht auf Barbies. Ich meine die Zeichentrick-Serie My Little Pony. Eigentlich ist die Serie vom US-amerikanischen Spielzeughersteller Hasbro ins Leben gerufen worden, um Ponys aus Kunststoff an kleine Mädchen zu verkaufen. Das war vor mehr als 30 Jahren.
Aber heute schauen auch erwachsene Männer die Serie – die sogenannten Bronys. Das Wort Brony ist eine Kombination aus Brother und Pony und heißt so viel wie „Ponykumpel“.
Ich habe mir jetzt auch ein paar Folgen angesehen. Und ich muss sagen: Die Serie hat was. Interessante Ästhetik. Ein bisschen manga-artig. Twilight Sparkle gefällt mir besonders gut. Sie ist eine der Hauptfiguren. Twighlights Körper ist lila. Und außerdem guckt sie immer so frech. Niedlich irgendwie.
Neulich habe ich Sven kennengelernt. Er ist ein richtiger Fan der Serie. Sven ist Bauarbeiter. Ein netter Typ. Und ein richtiger Kerl. So einer, auf den man sich verlassen kann, wenn es darauf ankommt. Einer – sorry für das Wortspiel –, mit dem man Pferde stehlen kann.
Lieber nicht den Anderen sagen
Und, nein, Sven ist nicht schwul. Er ist rein zufällig auf My Little Pony gestoßen. Und eigentlich nur, weil er die Piraten gegoogelt hat. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich politisch zu engagieren. Bei den Piraten ist die Serie schwer angesagt. Die Jungs schauen sie in der Freizeit, um vom Politikstress abzuschalten. Sven sah sich auch ein paar Folgen auf Youtube an. Und dann schaute er die ganze Nacht durch.
Ganz offen steht Sven aber nicht zu seinem Hobby. Wenn er seine Leidenschaft öffentlich machen würde, könnte seine Autorität bei den Kollegen infrage gestellt werden, glaubt er. Wahrscheinlich würde er gemobbt.
Sven musste sich auch schon den Vorwurf gefallen lassen, ein Kinderschänder zu sein. Nur weil er in seiner Freizeit gerne Zeichentrickserien schaut. Deshalb konfrontieren einen die Bronys auch mit einer ernsten Frage: Warum kann unsere Gesellschaft diese Form von Anderssein nicht ertragen? Einerseits sollen Männer zu ihrer weichen Seite stehen. Tun sie es aber ohne Kompromisse, werden sie dafür bestraft. Unsere Konventionen, wie ein Mann zu sein hat, sind immer noch vor allem eins: viel zu eng.
Jacques Kommer schrieb im Freitag zuletzt über Berliner Aktivisten, die die Stadt werbefrei machen wollen.
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