Die ganze Welt im Blick – der Kosmopolitismus als Weg zu dauerhaftem Frieden

Friedenspolitik Kriege werden oft mit nationalen Interessen begründet. Doch der Begriff „Nation“ wird von Konservativen gerne als Volksnation, also als ethnisch homogene Gemeinschaft interpretiert. „Leitkultur“ und „Vaterlandsliebe“ stehen dann im Fokus.

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Der gesamte Erdball ist in etwa 200 Staaten unterteilt. Dabei werden in fast allen Ländern - vor allem von konservativen Kreisen - Nationalstolz, Patriotismus und Vaterlandsliebe als wichtige Werte betrachtet. Nationalhelden werden verehrt, Hymnen gesungen, Flaggen gehisst und Nationalmannschaften bejubelt. Dadurch wird die Bevölkerung emotional mitgerissen und lässt sich leicht zu Handlungen verleiten, die nicht in ihrem Interesse liegen. Profiteure sind dann die politisch und wirtschaftlich Mächtigen, die ihre jeweils eigenen Ziele verfolgen. Und viele internationale Konflikte würden nicht entstehen, wenn die Menschen nicht zuvor gefühlsmäßig auf Heimatliebe eingeschworen worden wären. Denn wenn diese emotionale Komponente fehlt, wird kaum jemand dazu bereit sein, für Heimat und Vaterland in den Krieg zu ziehen.

Insofern sollte aus meiner Sicht das Konstrukt des „Nationalstaats“ einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Freilich stellt es ein unrealistisches Ziel dar, alle Staaten zu vereinen und eine einzige Weltrepublik zu errichten, in der alle Menschen demokratisch an der Gestaltung des Gemeinwesens partizipieren. Dafür sind die Lebensbedingungen in den verschiedenen Weltgegenden zu unterschiedlich. Jede Region der Erde hat ihre eigene kulturelle Identität, die auf Sprache, Sitten und Gebräuchen, Umweltbedingungen etc. basiert. Auf diesen Grundlagen wiederum sind die jeweiligen landeseigenen Gesetze und Rechtsverordnungen aufgebaut.

Doch trotz dieser Regionalität könnte man versuchen, die gefühlsmäßige Verbundenheit vieler Menschen bei der Beurteilung des jeweils eigenen Landes zu reduzieren. Gleichzeitig sollte aus meiner Sicht weltweit das Ziel verfolgt werden, Staaten primär als eine rechtliche Konstruktion zu betrachten. Dies hätte zur Folge, dass langfristig betrachtet nicht mehr von „Nationalstaaten“, sondern von „Rechtsstaaten“ gesprochen würde. Die UNO, also die United Nations Organization, könnte dann umbenannt werden: Die Bezeichnung „Vereinte Nationen“ ließe sich durch den Begriff „Vereinte Rechtsstaaten“ ersetzten.

Eine mehr rational geprägte und weniger von nationalem Pathos beeinflusste Bevölkerung könnte eher geneigt sein, eine kosmopolitische Sicht auf die Welt zu entwickeln. Dabei stellt der Kosmopolitismus als solches nichts Neues dar, sondern wurde bereits vor über 2.000 Jahren erdacht. Der griechisch-hellenische Philosoph Diogenes von Sinope (413 v. Chr. - 323 v. Chr.) gilt als erster Weltbürger. Weiterentwickelt wurde diese Weltanschauung von der antiken Denkschule der Stoiker und in der Zeit der Aufklärung war Immanuel Kant (1724 - 1804) ein besonders prominenter Befürworter des Kosmopolitismus.

Die Ideen dieser Denker haben sich nicht durchsetzen können. Denn die allermeisten Menschen konnten sich in der Vergangenheit nicht ausreichend über fremde Länder informieren und mit weit entfernt lebenden Zeitgenossen in Kontakt treten. Doch die Situation hat sich geändert. Die modernen Kommunikationswege via Internet machen aus der Erde zunehmend ein globales Dorf und sorgen für ein transnationales Bewusstsein. Somit hat der Kosmopolitismus erstmals eine Chance, die konservativ-nationale Sichtweise zu marginalisieren.

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