Als ich vor ein, zwei Jahren über ein gefrorenes Herz aus Blut gestolpert bin, wurde ich neugierig. Ich habe dieses Herz auf einem Bild gefunden, auf einem Bild aus den Tiefen feministischer Foto-Blogs. Es sah nicht nur gut aus, wie es da auf der Haut des Trägers vor sich hin schmolz und sich langsam Blutstropfen bildeten, sondern war gleichzeitig mysteriös.
Bei weiteren Recherchen stellte sich heraus, dass dieses Herz aus Menstruationsblut bestand, das mit einem wiederverwendbaren Menstruationsbecher aus medizinischem Silikon als Tamponalternative gesammelt wurde. Von da aus führte mich das Netz immer weiter zu verschiedensten Abbildungen von Menstruationsblut und umfassenden Ausführungen der Vorteile und Nachteile von Menstruationsbechern im Gegensatz zu klassischen Tampons oder Binden. Und genau dafür liebe ich das Internet und feministische Diskursräume: Hier war er endlich, der lässige Umgang mit der Regel. Keine überbordende gute Laune in weißen Klamotten und blauer Flüssigkeit, keine Heimlichtuerei, kein Ekel.
"Adventures in Menstruating"
Dass so ein unaufgeregter Umgang nicht allen Menschen liegt und ein bisschen „leakage fear“ in jedem Kopf umherspukt ist kein Wunder. Chella Quint, Zine-Macherin, Komikerin und Performerin aus Brooklyn, analysiert die Gründe dafür wunderbar und nimmt in ihrem TEDxTalk aus Sheffield Werbung für Monatshygieneprodukte auseinander. Sie beschäftigt sich schon länger mit dem Thema und hat mehrere „Adventures in Menstruating“-Zines gemacht. Damit ist sie eine der „menstrual activists”, die Chris Bobel, Direktorin des Women’s Studies Program an der Universität von Massachusetts, für ihr Buch New Blood über Dritte-Welle-Feminismus und Menstruationspolitiken interviewt hat.
Quelle: Youtube
Aber nicht nur Werbung für Hygieneprodukte, sondern auch die Repräsentationen von Menstruation in Filmen und Serien lässt den komischen und tabuisierten gesellschaftlichen Umgang mit dem bisschen Monatsblut erkennen. Es funktioniert hervorragend in Horrorfilmen und kann ausgezeichnet dazu verwendet werden, dem Publikum ein bisschen Ekel zu bescheren. Auf Jezebel.com findet sich ein wunderbarer Zusammenschnitt von über 25 Filmbeispielen.
Mit der Periode in der Popkultur hat sich auch die Australierin Lauren Rosewarne beschäftigt und in diesem Sommer ein Buch dazu veröffentlicht. In ihrer Analyse untersuchte sie zum Beispiel Serien wie Madmen, The Big Bang Theory, Friends und Filme wie Annie Hall oder Anchorman. Sie fand reichlich Szenen, die Perioden widerlich erscheinen ließen oder die menstruierende Person sogar auf die böse Seite zogen, im Gegensatz zu wenigen positiven Darstellungen.
Das Vice-Magazine liefert in einer Modestrecke da schon deutlich unaufgeregtere Repräsentationen: So cool kann man eben nur mit Blutfleck aussehen. Es bestätigt damit jedoch auch nur ein weiteres Mal die Tabuisierung der Menstruation. Schließlich ist das Magazin dafür bekannt, ohne platte Provokation nichts so schnell ins Heft zu nehmen.
Die guten Seiten des Bechers
Wenn der positive Umgang mit der Periode gesamtgesellschaftlich wohl noch etwas Mühe und Geduld benötigt, hilft der Menstruationsbecher seiner Verwenderin im persönlichen Verhältnis zum Monatsblut auf jeden Fall. Statt das Einweg-Menstruationsutensil so schnell wie möglich in den Mülleimer zu werfen, kann mit dem Becher die Menge des Blutes abgemessen, die Konsistenz im Waschbecken analysiert, das Blut zu Kunst gemacht und der Becher danach wieder eingesetzt werden.
Und dann sind da noch die ganzen Argumente um Nachhaltigkeit, Ökologie und Kapitalismuskritik, die mit dem Hype um Produkte wie den Menstruationsbecher wichtig sind. Die Verwendung des Bechers kann damit schnell zur revolutionär-feministischen Handlung und Absage an die kurzsichtige Wegwerfgesellschaft werden – durch das Nicht-Kaufen von so alltäglichen Dingen wie Tampons, durch die Komsumentscheidung für wiederverwendbare Materialien und gegen unfair angebaute, chemisch behandelte Baumwolle im Unterleib. Eine solche Sichtweise schießt jedoch über das Ziel hinaus, denn Menstruationsbecher sind auch nur das Produkt eines gewinnorientierten Unternehmens. Ein wichtiger Unterschied zu Herstellern von Always oder o.b. ist jedoch, dass diese Unternehmen sehr viel angenehmere Werbespots produzieren und ihre Zielgruppe ernster nehmen. Und, dass es weit weniger anstrengend ist, wenn mal wieder vergessen wurde eine neue Binden- oder Tamponpackung zu kaufen. Und während selbstgenähte Stoffbinden hier eine gute weitere Alternative bieten, sollte das Menstruationsprodukt aus der feministischen Comedy-Webserie Vag Magazine wohl nicht so ernst genommen werden:
Quelle: Vimeo
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