Ein feministischer Aufschrei gegen den Krieg

Die Waffen nieder! Gedanken zum Weltfrauentag für eine friedliche Welt.

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„Heute gibt es fast niemand mehr, der diesen Traum nicht träumte oder der dessen Schönheit nicht zugeben wollte. Und auch Wache gibt es – ganz helle Wache – welche die Menschheit aus dem langen Schlaf der Barbarei erwecken wollen und tatkräftig, zielbewußt sich zusammenscharen, um die weiße Fahne aufzupflanzen. Ihr Schlachtruf ist: ‚Krieg dem Kriege’, ihr Losungswort – das einzige Wort, welches noch imstande wäre, das dem Ruin entgegenrüstende Europa zu erlösen – heißt: ‚Die Waffen nieder!‘“ (Bertha von Suttner, 1889 – pdf-Download hier)

Sie tun es wieder – wieder? Sie tun das, was sie schon immer tun. Die Herren der Welt führen Krieg. Sie führen weltweit Kriege und tragen bewaffnete Konflikte aus, vor allem in Afrika und im Nahen Osten. Seit dem 24. Februar gibt es wieder einen Krieg in Europa, einen offen ausgetragenen und öffentlich wahrgenommenen Krieg, der das Potenzial hat, sich zum Dritten Weltkrieg und zum atomaren Massenmord auszuweiten.

Allerdings hat dieser Krieg schon lange vorher begonnen. Bereits seit 2014 leidet die Bevölkerung im umkämpften Osten der Ukraine unter kriegerischen Auseinandersetzungen. In den von Separatisten kontrollierten Regionen Donezk und Luhansk kämpfen russlandtreue Separatisten gegen ukrainische Militäreinheiten und Freiwilligenmilizen. Auch unter der Abtrennung von der Ukraine hat die Bevölkerung zu leiden.

Putin hat sich ein Denkmal der Schande gesetzt

Mit seinem Angriffskrieg hat sich Wladimir Putin ein Denkmal der Schande gesetzt. Der Einmarsch in die Ukraine ist eine patriarchale Machtdemonstration, nicht zuletzt auch zum Schaden der russischen Bevölkerung. Denn nach wie vor gilt: „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ (das Antikriegslied von 1961 hier in einer Interpretation von Isabel Neuenfels auf youtube). Selbstverständlich wollen „die Russen“, will die russische Bevölkerung keinen Krieg, ebenso wenig wie jede andere Bevölkerung weltweit. Mit diesem Krieg hat Putin die eigene Bevölkerung in Geiselhaft genommen.

Menschen wollen leben, wollen ihre Kinder friedlich wachsen sehen, wollen in Frieden alt werden im Kreis ihrer Lieben. Frauen und Mütter wollen ihre Söhne, Lebensgefährten und Väter nicht in den Krieg schicken, wollen sie nicht auf den Schlachtfeldern der Machthabenden opfern. Krieg bedeutet die systematische und geplante Verbreitung von Angst und Schrecken, die Zerstörung menschlicher Körper und Seelen mithilfe immer ausgefeilterer Waffentechnologien. Putin droht sogar mit dem Einsatz von Atomwaffen und hat die entsprechenden Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Krieg ist die schlimmste Form patriarchaler Machtausübung. Und so ist es höchste Zeit für einen feministischen Aufschrei: „Die Waffen nieder!“

Auch Selenskyj will Krieg

Krieg ist falsch und im Krieg gibt es keine Guten. Selenskyj hat schon vor Beginn des offenen Krieges auf der Münchner Sicherheitskonferenz geäußert, dass die Ukraine Atomwaffen haben sollte. Mit seiner Forderung nach Aufnahme in die Nato und nun sogar nach einer Flugverbotszone über der Ukraine fordert er eine direkte Konfrontation zwischen Russland und der Nato. Käme der Westen seinen Forderungen nach, dann wäre das der Beginn des Dritten Weltkriegs, mit dem Risiko der atomaren Zerstörung von Europa.

Mit der Bewaffnung der Bevölkerung werden die Grenzen zwischen Soldaten und Zivilisten verwischt. Die Zivilbevölkerung wird für die Angreifer zur potenziellen Bedrohung. Selenskyjs Aufrufe zum Widerstand gefährden das Leben der ukrainischen Bevölkerung. Das wiegt schwerer als seine Selbstbereicherung, die mit den Panama Papers öffentlich wurde.

Der Maidan hat der Ukraine auch ein Erstarken ultranationalistischer und faschistischer Kräfte gebracht. Mich erschreckt es, wie nun, nach Beginn der russischen Angriffe, überall Leute mit blau-gelben ukrainischen Nationalfahnen auf die Straße gehen. Selbstverständlich braucht die ukrainische Bevölkerung Unterstützung und Solidarität, aber der ukrainische Staat?

Ja zu offenen Grenzen – aber ohne rassistische Ausschlüsse!

Wie grausam ist es, dass Frauen und Kinder gezwungen werden, die Ukraine zu verlassen und ihre geliebten Väter, Partner und Söhne als Kanonenfutter zurückzulassen. Wie ist das zu ertragen? Kann es sein, dass der Aufschrei gegen das Auseinanderreißen von Familien auch deswegen so leise ist, weil viele Linke die bürgerliche Kleinfamilie (jedenfalls theoretisch und oft zurecht) ablehnen?

Selbstverständlich ist es richtig, dass die Fliehenden hier aufgenommen werden. Aber es zeugt von rassistischer Segregation, wenn Menschen nicht-ukrainischer Herkunft das Land nicht, oder nur unter erschwerten Bedingungen verlassen dürfen, und wenn diejenigen zurückbleiben müssen, die schon seit Monaten an der polnischen Grenze in den Wäldern ausharren. Ja zu offenen Grenzen, aber ohne rassistische Ausschlüsse!

Soldaten, werft die Waffen weg!

Auch wenn es nicht egal ist, wer regiert, so ist es doch für die Bevölkerung nicht so wichtig, welchem Herrschaftssystem und welcher Nation sie unterworfen ist, als dass es sich lohnen würde, dafür zu sterben. Sind nicht Nation, Staat und Regierung und alles, was damit zusammenhängt, an sich schon Ausdruck von Machtverhältnissen?

Mein feministischer Appell an die Männer (und alle anderen Geschlechter) an der Front, an die Soldaten in Russland, in der Ukraine und überall: Werft die Waffen weg und desertiert! Lasst eure Frauen und Kinder und Alten nicht alleine fliehen, sondern geht mit ihnen, oder hängt weiße Tücher aus den Fenstern. Sich zu ergeben mag sich nicht gut anfühlen, aber ist es nicht allemal besser als der Tod? Wofür und für wen wollt ihr sterben?

Eure Liebsten brauchen euch lebend, Soldaten der Welt, desertiert!

Wenn sie von dir verlangen, dein Vaterland mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, dann sage ihnen, dass du dein Mutterland schützt, indem du keine Waffe in die Hand nimmst. Widerstehe dem Sog der Gewalt und widerstehe dem Krieg – wie schon so viele, und doch viel zu wenige, vor dir.

Was Bertha von Suttner 1889 schrieb, das gilt bis heute: „Die Waffen nieder!“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Liza Rabenstein

Gedanken über die patriarchale Welt - ein vorsichtiger Versuch, fragend ...

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