Allgemeines Schulterklopfen

Kommentar Abbas und Sharon bei Bush

Die Besuche der Stadthalter der historischen Provinz Palästina und des jüngeren israelischen Staates bei US-Präsident George W. Bush lassen Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten wach werden. Bush dankte Mahmoud Abbas, indem er mit imperialer Geste seine Hand um dessen Schultern legte und ihm die Gründung eines palästinensisch-amerikanischen Wirtschaftsrates zusicherte. Dies war das einzig konkrete Ergebnis, das Abbas für sein geschundenes Volk mit nach Hause nehmen konnte. Bush lobte Abbas als den "good guy", weil er der amerikanischen Anti-Terror-Linie folgt. Dass sich der Präsident dabei besorgt über den Bau der monströsen Mauer im Westjordanland äußerte, erschien eher als rhetorisches Manöver, wenn er zugleich darauf beharrte, dass die Palästinenser auch den letzten Widerstand gegen eine brutale israelische Besatzung unterbinden müssten. Der sei das eigentliche Hindernis auf dem Weg zum Frieden und nicht die Okkupation!

Dennoch vermittelte der Besuch von Abbas den Eindruck, als habe der US-Präsident mehr Verständnis für die existenziellen Nöte der Palästinenser. Diplomatie zahlt sich gegenüber der Gewalt aus, hieß die Botschaft. Man wollte sie gern glauben, hätte es nicht zugleich einen Ariel Sharon gegeben, der in Washington gewohnt selbstbewusst auftrat und mit weiteren "Konzessionen" aufwartete, um möglicher Kritik der Amerikaner den Wind aus den Segeln zu nehmen. So will Israel einige Extremisten von Hamas und vom Islamischen Jihad freilassen, auch werden zwei Straßensperren von immerhin 170 weggeräumt. Viel Symbolik, wenig Konkretes. Was den Bau des Schutzwalls anbelangt, blieb Sharon hart, aus Sicherheitsgründen. Auch beim kolonialen Siedlungsprojekt gab es außer Rhetorik keine konkreten Zusagen. Sharon konnte sich - wieder einmal - mit der Forderung durchsetzen, dass Abbas die "Infrastruktur des Terrors" zerstören, Waffen einsammeln und die "Raketenfabriken in Gaza" auflösen müsse. Im Anti-Terror-Kampf marschieren Bush und Sharon also im Gleichschritt.

Wenn die Palästinenser dennoch die Illusion hegen sollten, Bush könne zu einem "ehrlichen Makler" werden, sollten sie einige Fakten zur Kenntnis nehmen. Am 14. Juli ratifizierte die Knesset einen Gesetzentwurf, in dem die Westbank und der Gaza-Streifen als "nicht besetzte Gebiete" bezeichnet wurden. Von amerikanischen Protest dagegen keine Spur. Und hatte nicht schon Verteidigungsminister Rumsfeld im September 2002 von sogenannten besetzten Gebieten gesprochen? Die Bush-Regierung besteht aus erzkonservativen Hardlinern, die alle samt für die politische Linie des regierenden Likud eintreten. Ebenfalls unterstützt eine Koalition aus christlichen Fundamentalisten vorbehaltlos die Politik von Sharon; sie sind die Wähler von Bush. Die Zukunft der Palästinenser sieht alles andere als rosig aus.

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