Machtbewusst und abgeklärt

Kommentar Haim Sabans Geschäfte in Deutschland

Was haben Michel Friedman, Michael Wolffsohn und Haim Saban gemeinsam? Jedem liegt Israel am Herzen - doch nur Saban hat genug Macht, wirklich etwas für den jüdischen Staat zu tun. Wie er dabei vorgeht, ist einem Interview zu entnehmen, das Saban gerade der New York Times gab. Er ließ wissen, welche Motive ihn bewogen hätten, Leo Kirch die ProSieben/Sat 1Media AG abzukaufen und sich dabei aus wirtschaftlichen Gründen von der deutschen Regierung unterstützen zu lassen. Der israelisch-amerikanische Medien-Tycoon hatte sich beim Besuch der Gedenkstätte Dachau vom Kaufabschluss per Mobiltelefon informieren lassen. Eine Hollywood reife Szene. Ob geschmackvoll, sei dahingestellt. Sie zeigte immerhin, Saban kennt keine moralischen Skrupel, mit dem ehemaligen "Tätervolk" geschäftlich zu verkehren. Die Geschichte sollte nicht davon abhalten, nach vorn zu schauen, meinte er. Ihm sei bewusst, Europa werde in Zukunft immer wichtiger für Israel.

Dass sich der Hollywood-Mogul nicht nur aus rein finanziellem Kalkül in Deutschland engagiert, steht außer Zweifel. Kürzlich hatte er die BBC für "eine pro-arabische Haltung" gerügt und zugleich sein Interesse am Kauf von ITV, der größten privaten Fernsehanstalt Großbritanniens, signalisiert. Und wenn der Preis stimmt, heißt es, beabsichtige Saban zudem, die Jerusalem Post zu erwerben.

Der Medien-Tycoon hat viele prominente Politiker um sich geschart - Ariel Sharon ebenso wie Bill Clinton oder John Kerry. Er bezeichnet sich gern als "Ein-Themen-Mann" - sein einziges Thema sei Israel. Er telefoniere oft über Stunden mit Sharon, lässt Saban wissen, ohne damit politische Präferenzen anzudeuten, die auf eine Nähe zur extremen Richtung des Zionismus und deren Besatzungspolitik weisen.

Israel hat heute mehr denn je und weltweit ein Imageproblem, klammert man die USA einmal aus. In der EU betrachten laut Umfragen 59 Prozent das Land als Gefahr für den Weltfrieden. Diesen fatalen Eindruck zu korrigieren, das dürfte ein Anliegen von Sabans Medienimperium sein. Wie seine Angestellten damit umgehen werden, bleibt abzuwarten.

Auch Michel Friedman durfte sich schon als Image-Polierer Sharons betätigen - in einem Fernsehinterview mit dem Premier gab der sich ansonsten gern als Inquisitor gerierende Moderator einen handzahmen Stichwortgeber. Und auch Michael Wolffsohn spielte bis zu seinen Aussagen über die Rechtmäßigkeit von Folter und dem darauf folgenden "J´accuse!"-Artikel (FAZ) den pro-israelischen Part auf der medialen Klaviatur nahezu perfekt. In "J´accuse!" jedoch verstieg er sich zu einem Generalangriff auf die gesamte politische Elite des Landes (mit Ausnahme der Unionsparteien), was seiner Medienpräsenz eher schadete.

Da signalisiert das Engagement Sabans in Deutschland doch unmissverständlich, wie abgeklärt mit Geschichte umgegangen werden kann, wenn der Instinkt für Macht dies geraten sein lässt.


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