Schlachtefest

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1. Die Geschehnisse dieses Tages müssen so prägend gewesen sein, dass dieser Tag, den ich in seinem genauen Datum nicht bestimmen kann, solche Spuren schnellen Erinnerungsvermögens hinterließ.

Die unmittelbarste und emotionalisierendste Wirkung beginnt mit jenem Moment, als die Sau auf den Hof gezerrt wird. Lachende Menschen auf dem Hof, die Sau wehrt sich mit allen Kräften, will nicht in's Tageslicht des frühen Vormittags. Die Menschen lachen immer noch. Die Sau hat keine Chance. An den Beinen mit starken Seilen festgezurrt ergibt sie sich zwangsläufig ihrem Schicksal. Mit ihren Schweinsaugen blickt sie in die Runde. Sie ist irritiert von der urplötzlichen Gewalt, mit der sie aus dem dreckigen und dunklen Schweinekoben in das Licht des Hofs getrieben wird, erkennt die Menschen, die ihr gestern noch Futter gaben. Ich lache nicht, ich kann nicht lachen, bin selbst irritiert, wissend, dass jetzt ein Schwein getötet wird, noch fern meiner späteren ethischen Überzeugung.

Jetzt kommt diese Zeitphase, in der das Schweineleben endet. Der Schlachter setzt das Bolzenschussgerät auf den Kopf des Schweins, betätigt den Auslöser und mit lautem Knall durchschlägt der Bolzen die Schädeldecke. Ein kurzer Moment des Zuckens am ganzen Schweineleib und es fällt in die Bewusstlosigkeit, aus der es kein zurück geben wird.

Es ist alles vorbereitet. Schnell ein Stich in die Halsschlagader, schnell eine Schüssel unter den Einstich gestellt. Das Schweineherz pumpt Blut und versiegendes Leben in eine gewöhnliche Schüssel. Der Puls wird langsamer, der Blutfluss endet...

2. Die Zahl der Hausschlachtungen ist rückläufig. Die Masse der Menschen ist von ethischen Problemen ferngehalten, wissen nicht, wie die massenhafte Tötung in Schlachthöfen funktioniert, wissen nicht, wie weit bereits die Industrialisierung fortgeschritten ist.

Die Schlachtzahlen in einem hochindustrialisierten Schlachthof liegen bei 1500 Schweinen pro Stunde und Linie. Der Stecher für die Schlagader hat 2 Sekunden Zeit. Trifft er nicht richtig, wird das Schwein nur betäubt weiter transportiert und wird wieder wach. Bis zu 1% (bis 15 bei 1500) sterben erst beim Überbrühen einen qualvollen Tod. Jährlich sind das 500.000 Schweine.

3. Werbeflyer für diese Woche. Schweine-Schnitzel, kurzfaserig, aus dem Schlegel geschnitten, 1 kg für 3.49 €. Es kann ja sein, dass dieses Schwein zu den 500.000 gehörte.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

luggi

Ein Veggie, der gern Fleischtomaten futtert.Vermeidet Ärztehopping durch gesunde Ernährung.

luggi

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