Einschüchtern und drohen

Künstler-Boykotte Die Kampagnen von „Boykott, Desinvestitionen, und Sanktionen“ (BDS) richten sich gegen die israelische Besatzung. Zuletzt aber auch gegen das Berliner Pop-Kultur Festival
Ausgabe 34/2017
Proteste gegen eine Kundgebung der BDS in Berlin
Proteste gegen eine Kundgebung der BDS in Berlin

Foto: Christian Ditsch/Imago

Die Nachricht, dass ein halbes Dutzend Künstler diese Woche nicht nach Berlin kommt, macht dort niemanden traurig. Es laufen da eh schon zu viele unbekannte Künstler herum. Oder haben Sie sich auf Law Holt gefreut?

Seit 2005 sammeln sich Aktivisten unter dem Label „Boykott, Desinvestitionen, und Sanktionen“ (BDS), um Kampagnen gegen die israelische Besatzung des Westjordanlands zu machen. Stark ist die Szene in den USA und in Großbritannien. Selbst wenn man die Ziele der BDS-Aktivisten nicht verurteilt – ihre Methoden sind, wie Berlins Kultursenator Klaus Lederer treffend sagte, „widerlich“. Im April versuchte BDS, Radiohead von einem Auftritt in Tel Aviv abzuhalten. Die Band erhielt einen von prominenten Unterstützern unterzeichneten offenen Brief, in dem Israel mit Südafrika während der Apartheid gleichgesetzt wurde. Auf die Band wurde massiv moralischer Druck ausgeübt.

Nun hat BDS seinen ersten Mini-Erfolg in Deutschland. Bei dem Berliner Musik- und Performance-Festival Pop-Kultur sagten sechs Künstler ihre Auftritte ab. Der Anlass: Die israelische Botschaft in Berlin unterstützt das Festival. Es ist unwahrscheinlich, dass die Boykott-Entscheidungen allein durch den zwanglosen Zwang des guten Arguments zustande kamen. BDS lässt über sein Netzwerk Künstlern, die sie zu einem Boykott bewegen wollen, zahlreiche Nachrichten zukommen. Beobachter gehen davon aus, dass BDS in Berlin 20 bis 30 Aktivisten hat. Wenn sich auch noch britische Israel-Gegner beteiligen, Künstler anzuschreiben und anzutwittern, entsteht schnell eine einschüchternde Drohkulisse. Ob die BDS-Drücker die Künstler informierten, wie viel Geld genau die israelische Botschaft dem Festival gab? Es sind 500 Euro.

Die Verwerfungen der israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland werden für niemanden sichtbarer, wenn sechs unbekannte Künstler, die sich damit höchstens selbst schaden, ein kleines Berliner Festival boykottieren. Anstatt konkret die Besatzungspolitik zu kritisieren, nimmt BDS mit seinen Aktionen die israelische Gesellschaft insgesamt ins Fadenkreuz, in erster Linie die liberalen, Netanjahu-kritischen Kräfte des Landes. Wohlwollend betrachtet ist die Aktion ungeschickt und konfus. In Wahrheit aber beschreitet BDS den falschen Weg.

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Geschrieben von

Lukas Latz

Student in Berlin, Spaziergänger überallTwitter: @lukaslac

Lukas Latz

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