Abwrackprämie für Schwarz-Rot

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Vorigen Mittwoch ist um 12:00 die so genannte „Abwrack-Prämie“ der Bundesregierung zu Ende gelaufen. Leider war es keine Prämie zum Verschrotten und Neuerwerb einer neuen Bundesregierung, sondern bloß ein 2.500 Euro-Geschenk an diejenigen, die ihr altes Auto beim Händler abgeben, und sich dafür ein neues Fahrzeug leisten wollten.

Zum Teil war diese Fördermaßnahme mit dem Schutz der Umwelt begründet, daher auch der offizielle Name „Umweltprämie“ – da ohne Zweifel die Verschmutzung der Umwelt durch die neuen Fahrzeuge geringer als durch die alten sein wird. (Sofern die alten Kisten tatsächlich verschrottet und nicht nach Afrika exportiert wurden).

Der Hauptgrund dieser Idee war jedoch, „die Konjunktur zu beleben“. Die Bundesregierung hat kurz nach „John Maynard Keynes“ gegoogelt, und herausgefunden, dass man in „Krisenzeiten“ durch eine finanzielle Maßnahme des Staates als mächtiger Marktteilnehmer eben diesem Markt positiv (im Sinne des „Wachstums“ und des Konsums) beeinflussen könnte. Der Hintergedanke war vor allem, dass man viele Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und deren Zulieferern retten wollte.

Der Staat, also wir alle, hat sich also mit 6,5 Milliarden Euro daran beteiligt, dass einige vielleicht ihren Job nicht verlieren, bei einigen der Wert der Firmenbeteiligungen nicht sinkt, und dass einige von uns sich ein neues Auto zulegen.

Diejenigen, die sich einen Neuwagen – mit Hilfe der Prämie – überhaupt leisten konnten, und ihn auch brauchten. Denn so unvernünftig sind die Deutschen doch nicht gewesen, nur wegen einer 2.500-EUR-Prämie sich ohne Grund einen neuen Wagen zu kaufen.

Und wie die Zahlen nun belegen, wurde die Prämie durchaus genutzt: der Automobilkonsum ist nicht abgestürzt, er ist sogar leicht gestiegen.

Die Zahlen zeigen allerdings auch, dass dies eher den ausländischen Marken genutzt hatte, an denen keine deutschen Arbeitsplätze „hängen“. Aus der Sicht der Umwelt- und Energieverbrauchproblematik sieht man wiederum, dass die Käufer vor allem die „Billigmarken“ honorierten (VW, Dacia, Ford, Opel, Skoda, Fiat, Hyundai), während die deutschen Statussymbol-Marken wie Mercedes, BMW, Audi klar abgestürzt sind.

Die Regierung lässt nun ausrichten, die Prämie war ein voller Erfolg, sie hätte „eingeschlagen“, und natürlich nicht nur die Automobilindustrie mit „Millionen“ Arbeitsplätzen, sondern eigentlich die ganze deutsche Wirtschaft sei dadurch gerettet worden. (Oder zumindest in ihrem Absturz gebremst).

Mir bleiben allerdings zwei große Fragen, sogar Zweifel.

Erstens, bis auf die gestiegene Staatsverschuldung, gibt es keine handfesten Zahlen oder Fakten, die beweisen würden, dass die Prämie tatsächlich im keynesianischen Sinn der Wirtschaft geholfen hat. Es bleibt natürlich dieses „was wäre wenn“ - wenn es keine Prämie gegeben hätte.

Doch auch so kann man davon ausgehen, dass die Regierung, im Stress und aus Zeitmangel, Keynes´ Ideen nur sehr flüchtig gelesen hatte: Zwar hat man in Zeiten einer Krise Geld ausgegeben, doch weder war es ein zuvor angespartes Geld, wie Keynes stets betonte, noch wurde es in langfristige, gemeinnützige Projekte gesteckt, die einzelne Marktteilnehmer gar nicht oder nur in einer muhsamen Koordination von sich aus initieren würden (Infrastruktur, Bildung, Gesundheit).

Armer John Maynard. Was in seinem Namen folgen wird, ist der Absturz des Automobilmarktes in den Folgejahren, wenn die potenziellen Käufer keine Autos kaufen werden – weil sie es bereits, verfrüht, in 2009 getan hatten. Wie gesagt, die Deutschen sind nicht so blöd, ohne Grund neue Autos zu kaufen. Also war die so erfolgreiche Abwrackprämie höchstens ein Aufschub für die Autoindustrie, die ihrerseits die Monate auch nicht genutzt hatte, um sich zu ändern: energiesparende und/oder umweltfreundlichere Modelle bleiben ein Werbeslogan, und man geht selbstverständlich davon aus, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten der Absatz der Automobile wie früher einfach wachsen wird, und bleibt die Überkapazitäten der Produktion.

Zweitens, auch aus der Gesamtsicht der Umwelt bleibt es umstritten, ob die Prämie den offiziellen Namen „Umweltprämie“ auch verdient: Zwar verschmutzen die neuen Wagen die Umwelt weniger als die verschrotteten alten, doch wie viel Energie und Umweltverschmutzung war nötig, um diese neuen zusätzlichen 400.000 Stück Automobile, die nur durch Dank der Prämie verkauft wurden, zu bauen und zu transportieren?

Aus meiner Sicht also war die Abwrackprämie weder „richtig Keynes“, noch „richtig Umwelt“. Es war eine psychologische Maßnahme. Die jedoch nicht den Markt und dessen Konjunktur, sondern nur Schwarz-Rot beruhigt hatte. Doch auch dieses lahme Modell kann man selbstverständlich abwracken, am 27.09.2009. Und das, ohne den Haushalt zusätzlich zu belasten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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