Die Zukunft ist unserer Kinder

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Sowohl in der „sozialistischen“ Grundschule in Polen, wie auch am „westlichen“ Gymnasium in Österreich wurde uns Schülern das Elend in Afrika unter anderem mit dem Problem des Bevölkerungswachstums verdeutlicht. Meistens in heutzutage nicht mehr ganz politisch korrekten Worten wie: „Es gibt dort deshalb so viel Kinder, weil die Leute dort glauben, wenn sie mehr Nachwuchs haben, wird im Alter für sie gesorgt.“ Der Ton, der solche Aussagen stets begleitete war unmissverständlich: „Die da unten sind ja so dumm“.

Nun lasse ich offen, ob die Deutschen dumm sind oder nicht. Jedenfalls muss ein schreckliches Elend hierzulande herrschen, wenn man regelmäßig ähnliche Meinungen und „wirtschaftliche Zusammenhänge“ unter dem Motto „Die Kinder sind unsere Zukunft!“ zu hören/lesen bekommt.

„Die Kinder sind unsere Zukunft“ - lassen wir das Metaphysische dieses Satzes beiseite. Ebenso das Emotionelle. Denn leider hat so ein Spruch meist nur einen wirtschaftlichen Hintergrund.
Den man in folgenden Punkten zusammenfassen könnte:

Erstens glaubt man, dass die geringe Geburtenrate, und damit der Bevölkerungsrückgang, einen wirtschaftlichen Rückschritt bedeuten. Ja, tun sie, jedoch nur rein statistisch. Denn mit der sinkenden Bevölkerungszahl wird selbstverständlich – in den meisten Fällen – die Wirtschaftsleistung des ganzen Landes schrumpfen. Die aber nichts anderes als die Summe aller Aktivitäten der Wirtschaftssubjekte (Einwohner) ist. Also kein Grund zur Aufregung – solange man sich die Mühe macht, pro-Kopf zu rechnen.

Man könne auch, zweitens, einwenden, eine sinkende Einwohnerzahl führe in vielen ländlichen Gebieten zur Entvölkerung, Verödung, Abzug oder Verfall der Infrastruktur und der Wirtschaft wie Bahnhofsanlagen, Geschäfte und Schulen. Stimmt – doch der Umkehrschluss würde heißen: „Lasst uns Kinder machen, damit wir unsere Vorstädte, den Bahnhof und die Bäckerei in unserer Kleinstadt nicht verlieren!“ Wenn es keine oder nicht genügend Menschen gibt, die eine Einrichtung benötigen, warum soll man dieser auch nachweinen.

Ein dritter, und wichtigster Grund der „Kinderfreunde“ Alarm zu schlagen, ist die „Sicherung der Zukunft“. Nicht der der Kinder, sonder der eigenen. Also der Renten. Hier müsste jemand, der ehrlich diese Position vertritt, offen sagen: „Bitte mehr Kinder, die durch ihre Arbeit und Rentenbeiträge und/oder Steuern unsere Altersvorsorge sicherstellen!“ Wer seine Heuchelei noch steigern will, füge bitte das Zauberwort „Generationenvertrag“ hinzu.
Doch alleine die Kinderzahl, selbst wenn sie wieder wachsen würde, und damit die zukünftige Zahl an „erwerbstätigen Bevölkerung“, kann nur für die kühnsten Optimisten die Renten sichern. Das gelingt nur in dem Fall, dass diese dann erwachsene, „arbeitsfähige“ Bevölkerungsgruppe – auch (genug) Arbeit hat. Was ich bezweifle.

Schluss endlich, abgesehen von wirtschaftlichen Begehrlichkeiten und Vorstellungen der „Kinderfreunde“ wäre es ethisch angebracht, die Kinder (wie auch alle andere Menschen) nicht als jemandes „Zukunft“ zu beanspruchen. Sollen Sie eine eigene haben, ob in Deutschland oder Afrika.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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