Friedensliebende, modische, grüne Männchen

Kriegsmode Olivgrüne Parkas und khaki Hosen in Tarnmustern: Ist der Military-Look kriegshetzerisch oder friedensstiftend?

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Friedensliebende, modische, grüne Männchen

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Der vergangene Dienstag war ein bedeutender Festtag für den Weltfrieden.

Der Grund: Meine Freundin hat nach vielen Jahren endlich ihre graue Handtasche in den Müll geworfen. Eigentlich ist es eine Umhängetasche, aus Stoff, und dieser war inzwischen so ausgeleiert und löchrig, daß die Tasche nicht zu retten war. Was das Entsorgen einer alten Tasche mit dem Frieden zu tun hat? Nun, erstens war die Tasche eigentlich eine Gasmaskentasche aus Beständen der ehemaligen DDR-Armee, irgendwann vor Jahren auf einem Berliner Flohmarkt erworben. Zweitens – ich kann militärische Kleidung und Krimskrams nicht ausstehen.

Ich weiß, ich mag vieles nicht, ist ja eine subjektive Sache und nur mein Problem, daß ich militärische Mode in die Reihe mir unerklärlicher Phänomene wie iPhones, Schamhaarrasur, SUVs, Twitter und Manufactum einreihe. Und ich weiß – ich werde alt. Doch gerade bei der „kämpferischen Styling“ bin ich mir sicher, daß ich mich schon vor fünfzehn, wenn nicht zwanzig Jahren davor ekelte. Es war genau genommen vor knapp siebzehn Jahren, als ich auf dem Weg aus dem Nachkriegs-Bosnien zu einem Besuch nach Berlin kam. Und nicht verstehen konnte, daß gerade hier, im so friedensaktivistischen Kreuzberg die dichteste Ansammlung von Armee-Shops und deren Kunden zu finden war. Kaum war ich für eine Woche dem uniformistischen Geruch der Balkan-Guerilleros entkommen – wurde ich von olivgrünen Parkas und dunklen Stiefeln umzingelt.

Meine Freundin sieht es pragmatisch: Dadurch, daß sie und andere solche Sachen kaufen, wird deren Nutzung den Armeen ja entzogen. Das Argument ist gut, gebe ich zu, auch wenn ich mit bangem Blick auf unser Familienkonto nur darauf warte, daß vor unserer Haustür ein Leopard II – Panzer parkt oder ein französischer Flugzeugträger den nahe gelegenen Kanal blockiert.

Und ich gebe auch zu, zu erkennen, daß es auch andere Arten des Uniformismus gibt, gerade bei Bevölkerungsgruppen, von denen man oft die Parole der Freiheit und Unabhängigkeit hört: seien es wohlhabende deutsche Rentner, grau-beige bekleidet auf Tour in fremden Ländern oder heimische Punks in hautengen gestreiften Hosen, gepierceten Lederjacken und den o.g. Boots.

Doch irgendwie wirken auf mich olivgrüne und graue Tarnmuster bedrohlicher und unangenehmer als andere „Stile“, seien es Spiderman-Bilder oder Leopardenmuster.

Es ist schon einige Monate her, es war die heiße Phase des ukrainischen Krieges kurz vor der September-Waffenruhe, da bin ich – auf unserem Balkon sitzend, und in Karl Jaspers Abhandlung über die deutsche Kriegsschuld vertieft – richtig erschrocken. Auf dem Balkon erschien ein Grünes Männchen. Na ja, zumindest war es ein Wesen in Khaki-Tarnmuster-Hosen und einem dunklen Kaputzenpulli. Ein Schulfreund meines Sohnes – konnte ich sogleich beruhigt feststellen. Um mich dann doch zu fragen: Was treibt seine Eltern an, ihm solch scheußliche Anziehsachen zu kaufen?...

Ich erinnerte mich aber auch daran, daß ich im Sommer 2013 auch verwundert feststellen musste, welch großen Umfang die militärische Mode in der Kinderabteilung einer polnischen H&M-Filiale einnahm.

Fazit: Ob polnischer H&M oder ein Kreuzberger Military-Shop, Wladimir Putin hatte damals bei der Pressekonferenz zu Krim und der Frage nach den uniformierten „Grünen Männchen“ recht: „Sie können in ein Geschäft gehen und jede Art von Uniform kaufen.“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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