Utah – ein richtiger Schritt

Todesstrafe Utah führt die Hinrichtung durch Erschießen wieder ein. Gut so! So wird allen Befürwortern der Todesstrafe klar vor Augen geführt, was es auch ist - ein Mord.

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Der Bundesstaat Utah, in dem - wie in der Mehrheit der US-Bundesstaaten - die Todesstrafe weiterhin existiert, hat beschlossen, als Hinrichtungsmethode wieder das Erschießen einzuführen. Für viele – einschließlich der verantwortlichen Politiker – ist diese Entscheidung „ein klein bisschen grausam“ (Gouverneur Gary Herbert ), „inhuman“ bis „barbarisch“. Aus meiner Sicht jedoch ist dies ein richtiger Schritt, hin zu mehr Ehrlichkeit und Offenheit. Das sage ich als absoluter Gegner der Todesstrafe.

Zurück jedoch zu den Todesstrafe-Befürwortern in Utah. Die Entscheidung, Hinrichtungen wieder durch Erschießungskommandos und nicht durch Giftspritzen durchzuführen, hat ihren Grund weder im Lust am Schießen noch in der Sorge um – wie oft in Vergangenheit geschehen – einen langen und qualvollen Todeskampf aufgrund einer möglicherweise falsch verabreichten Giftspritze. Der Grund ist – aus der Sicht der Bundesstaates Utah – schlicht und sachlich: Aufgrund des Lieferstopps der für Giftspritzen notwendigen Chemikalien, vorwiegend aus Europa, sieht sich der Staat gezwungen, auf andere Arten der Hinrichtung umzusteigen. Aus Sicht der Zulieferländer war dieses Embargo jedoch kein sachlicher, sondern ein ideologischer und aus meiner Sicht begrüßenswerter Schritt: Wir liefern US-Staaten keine Komponenten für ihre Giftspritzen.

Nun könnte jemand einwenden: „Dann sollten die ganz auf ihre Hinrichtungen (oder gar auf die Todesstrafe) verzichten!“ Tun sie leider nicht.

Ein anderer Einwand wäre vielleicht: „Warum dann so barbarisch, warum nicht elektrischer Stuhl oder mindestens ein Strick?“ Anders übersetzt: „Mann, Erschießen ist ja sooowas von 19-Jahrhundert!...“ So „inhuman“ (und „unästhetisch“!...)

Genau das aber ist der Grund, warum ich diese Entscheidung begrüße. Denn wenn man schon die Bürger von Utah (und allen anderen Staaten mit Todesstrafe) nicht davon überzeugen kann, die Todesstrafe abzuschaffen – dann ist es gut, daß diese offen so barbarisch, so inhuman, so direkt geschieht. Vor ihren Augen. Denn jene, die diese Methode als „brutal“ oder „unmenschlich“ im Vergleich zur Giftspritze bezeichnen – sind entweder Heuchler oder Idioten. Die meisten meinen damit ohnehin nicht das Empfinden des Verurteilten vor und während der Exekution – sondern das Empfinden der direkten und indirekten Vollstrecker sowie der Zuschauer. Und auch als Verurteilter, so glaube ich, wäre es mir lieber „das Ganze“ kurz und bündig durch 5 Schüsse auf die Brust hinter sich zu bringen, als durch eine Spritze, von der ich nicht weiß, wie schnell und wie qualvoll sie mich und meine Organe vergiften wird.

Meine Hoffnung ist, daß je offener, je direkter, je „blutrünstiger“ (was - wie beim Erschießen – nicht unbedingt qualvoller ist) die Todesstrafe vollzogen wird – desto mehr Bürger werden entsetzt, werden mehr als nur „etwas unwohl fühlen“, werden vielleicht nachdenken oder sofort zu dem Schluß kommen, gegen die Todesstrafe in ihrem Staat einzutreten. Eine „humane“ Art der Vollstreckung der Todesstrafe gibt es nicht. Man kann sich – ob als Henker, als Richter, als Geschworene, als Gouverneur oder Abgeordneter, als Wähler und Bürger – nicht vor der Verantwortung der Todesstrafe drücken – solange sie existiert und exekutiert wird. Beim offensichtlichen Erschießen erst recht nicht – während für einige die Verabreichung einer Giftspritze vielleicht „sanfter“ oder „medizinischer“ erscheint. Seien wir ehrlich, und die Entscheidung in Utah ist – eher ungewollt – ein Schritt hin zu mehr Ehrlichkeit: Die Durchführung der Todesstrafe ist eine Exekution. Keine „Prozedur“ oder „Verabreichung“, sondern eine absichtliche Tötung, ergo - ein Mord. Wer dies dann immer noch – begründet oder nicht – befürwortet, der soll seine Augen nicht vor fliegenden Kugeln, gefesselten durchlöcherten Körper eines Menschen und spritzenden Blut abwenden. Mehr noch: anders als in Utah geplant, sollte dem Verurteiltem nicht der Haupt mit einem Stoffsack verdeckt werden – denn dies macht es nur den Henkern leichter. Der Verurteilte kann ja jederzeit seine Augen schließen. Falls er es nicht tun will, sollen seine direkten und indirekten Henker ihm direkt in die Augen schauen, ehe sie abdrücken.

Erschienen auch unter:

https://lukaszszopa.wordpress.com/2015/03/28/utah-ein-richtiger-schritt/

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Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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