Vernünftig: Das Vertrauen zum Geld sinkt.

Geld Nur noch 38% der Deutschen haben "volles Vertrauen zu ihrem Geld". Eine schlechte Nachricht? Von wegen!

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Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens GfK ist das Vertrauen der Deutschen rapide gesunken: Nur 38% der Bürger würden „ihrem Geld noch volles Vertrauen“ schenken, so die Forscher. Während dieses Vertrauen in machen Ländern viel höher liegt (Schweiz: 90%, Schweden 87%), ist es hingegen in manchen EURO-Ländern noch niedriger (Italien: 30%, Spanien: 35%).

Als Grund wird vor allem die „EURO-“ und „Schuldenkrise“ genannt.

Eine schlechte Nachricht? Von wegen! Aus meiner Sicht ist es eine sehr gute Nachricht.

Denn die „EURO-“ und „Schuldenkrise“, oder auch die „Finanzkrise“ sind vielleicht die Auslöser des Vertrauensverlusts, der Grund aber ist das Nachdenken der Menschen über die Geldpolitik an sich – und die Erkenntnis, auf welch labilen Füßen diese steht. Mehr noch – so hoffe ich zumindest – vielleicht geht die Erkenntnis sogar so weit, daß man die Absurdität der Geldpolitik einsieht, die in Wirklichkeit einem auf Optimismus und Naivität aufgebautem Pyramidenspiel gleicht.

Das hat nur oberflächlich mit den Auswüchsen der Finanzspekulationen und dem übermäßigen „Geldpumpen“ seitens der Notenbanken zu tun. Denn selbst ohne dem wilden Finanzkapitalismus und dem „Gelddrucken“, ohne EURO und ohne dem freien Kapitalverkehr, also den Entwicklungen der letzten 30-40 Jahre (spätestens als Nixon 1971 vom Goldstandard abrückte), wäre eine nicht nur skeptische, kritische, sondern eine haarsträubende Betrachtung der Geldpolitik wert, ja des ganzen Geldsystems.

Was ist eine Banknote? Nichts außer ein Stück bedrucktes Papier, welches dem Eigentümer einiges – ähnlich wie ein Vertrag – verspricht. Nämlich den Tauschwert. Eine Münze ist da schon mehr „wert“ - es ist schließlich ein Stück Metall. Noch weniger „wert“ haben die Guthaben auf Giro- oder Sparkonten – es sind reine Zahlen, hinter denen sich das Versprechen verbirgt, diese als Banknoten abzuheben (als Münzen nur sehr schwer), oder per Überweisung damit zu bezahlen.

Wie wenig „wert“ Geld sein kann, kann sich jeder überzeugen, der in einem fremden Land keine Bank oder Wechselstube findet, wo man seine „eigenen“ Banknoten oder Münzen umtauschen möchte (oder aber auch zu einem ungünstigen Kurs). Oder wenn die Bank- oder Kreditkarte nicht funktionieren, genauso wenn man keinen Zugang zum Online-Konto schafft. Geld kann sich sehr schnell als „wertlos“ erweisen: es genügt, wenn ich als potenzieller Käufer von einem Verkäufer abgewiesen werde, der – von mir aus aus schlechter Laune heraus – mir für meine ihm angebotenen Geldscheine doch seine Produkte verweigert. „Geldschein“ ist eben nicht ein Wert an sich, es ist nur eben ein „Schein“.

Aber, um es gleich richtig zu stellen, an sich habe ich nichts gegen das Geld (in welcher Form auch immer) – als Tauschmittel. Ist ja sehr praktisch, vor allem für jemanden wie ich, der kein Bauer, Handwerker oder Arzt. Wo ist also das Problem, daß man über ein gesundes Maß an philosophischer Geld-Skepsis hinausgeht, und das Vertrauen dazu verliert?

Der Grund ist, zumindest bei mir – und vielleicht auch bei den durch die Umfrage erfassten Menschen – daß das Vertrauen zum Geld vor allem durch die Erkenntnis sturzartig sinkt, daß dieses „Geld“ in vorherrschenden Geldsystem eben nicht „nur“ ein Tauschmittel ist. Mehr noch: Wenn man sich das Verhältnis von Geldmenge oder der Summe der Finanztransaktionen zum tatsächlich als Tauschmittel (Finanzgeschäfte ausgenommen, natürlich) genutzten Geld vor Augen führt, kommt man je nach Land und Statistik zu der Erkenntnis, daß bestenfalls ein Zehntel des Geldes als „real“ betrachtet werden kann. Mit „real“ meine ich nicht einen Goldstandard, sondern einen Tauschwert (eines Einzelnen, einer Volkswirtschaft), der einer Summe der produzierten (und verkauften) Produkten und erbrachten Arbeitsleistungen entspricht – die man als „echtes“ Guthaben betrachten kann, und dann nutzen kann, um es gegen Waren und Dienstleistungen einzutauschen.

Die oben erwähnte Studie spiegelt also hoffentlich die Erkenntnis, daß man bei so viel am „fiktiven“ Geld nur noch weniger Vertrauen zum (übrigen) „realen“ Geld haben kann. Nicht von ungefähr haben Banken und Finanzpolitiker eine panische Angst davor, daß die Bürger sich für ihre „Scheine“ das Geld auch abholen würden. Nicht nur in Argentinien oder Griechenland, auch in Frankreich oder Deutschland würde es genügen, wenn 10% aller Kontoinhaber ihr Guthaben „auf einmal“ abzuheben wünschten – nicht nur das Giralgeld-System und das Bankensystem, sondern das ganze Geldsystem würde zusammenbrechen. Und das nicht bloß, weil die Bankautomaten nicht genug Scheine vorrätig hätten. Sondern, weil es weder bei den Banken noch in den Notenbanken überhaupt so viel Geld – zu dem darauf beschriebenen Wert – gibt. Jeder Geldschein oder Kontoguthaben ist nur ein (sehr vages) Versprechen eines Tauschwerts – erfüllt ist es erst, wenn ich damit mein Gemüse oder ein Buch erworben hatte. Bis dahin ist es eine riskante Wette, wo es darum geht, wie lange man an die Geldpyramide der ohne Gegenwert „gepumpten“ Geldmengen und vergebenen Kredite glaubt. So lange die Zinszahlungen bedient werden können, und so lange die Zahl der Pleiten nicht überhand nimmt (bzw. die Allgemeinheit diese noch tragen kann), und so lange man an das Geld glaubt – kann das Spiel laufen. Daher auch das „notwendige“ Dogma vom alternativlosen, systemimmanenten Wirtschaftswachstum – als Hoffnung, die Pyramide stabil zu halten. Übrigens – auch wenn das Zins-Modell die Geldmenge mit erhöht – auch in einem zinsfreien Geldsystem wäre man vor einer irrationalen Geldmenge nicht gefeit.

Zurück also zu Goldstandard? Nein, denn dieses ist zwar mehr Wert als Geldscheine, jedoch sowohl wenig praktisch, als auch an sich nur ein überhöhter „Schein“-Wert. Gold ist ein schönes Edelmetall, welches sich als praktisch zu Erzeugung von u.a. Schmuck erweist. Mehr nicht. Genauso gut, oder noch besser, könnte man Karotten-, Brennholz- oder Wasservorräte als Sicherheit für einen Geldstandard nehmen – im Gegensatz zu Gold kann man diese im Ernstfall auch wirklich nutzen.

Der aus meiner Sicht bester Weg, dem Geld wieder mehr Vertrauen zu verleihen, wäre es System, in dem erstens Geld nur als Tauschmittel fungiert, und die Geldmenge eine reale ist, d.h. die Summe des Geldes, welches verdient und eingezahlt wurde. Damit wäre die Geldmenge maximal in der Höhe des jährlichen Bruttoinlandsprodukts – denn mehr als das kann man in einer Volkswirtschaft nicht „einnehmen“ bzw. „produzieren“. Kein Geld könnte man „pumpen“ oder „drucken“ oder „giral erschaffen“ - ohne dass es einen erbrauchten Gegenwert bereits gäbe. Somit wäre selbst bei sich durch Sparen (also nicht ausgegebenes, sondern als Einlage von Jahr zu Jahr zurückgelegtes Geld, mit oder ohne Zinssystem) erhöhenden Geldmengen-Summe diese viel kleiner als die Größenmengen, die heute unser Vertrauen in das Geld erschüttern.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Lukasz Szopa

Balkanpole. Textverarbeiter. Denker-in-progress. Ökokonservativer Anarchist.

Lukasz Szopa

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