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Roundup 23. März 2021 Ein Überblick über Ereignisse in der deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Welt vom 23. März 2021. Interessantes, Empörendes oder Themen, die sonst zu kurz kommen.

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An dieser Stelle soll es in Zukunft (hoffentlich) täglich Updates aus dem deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum geben. Für Deutschland werde ich mich überwiegend auf außenpolitische Themen fokussieren, bei allen anderen Ländern beschäftige ich mich mit Themen, die ich für wichtig halte, über die ich bereits viel weiß oder die ich schlicht und ergreifend für interessant halte. Detaillierte Ausführungen findet ihr auf meiner Autorenseite des Freitag. Falls sich jemand dafür interessiert, diesen Roundup als Art Newsletter zu erhalten, kann er*sie mir gerne auf Twitter (@luke_tropic) eine Nachricht mit seiner*ihrer Mail-Adresse schreiben.

Deutschland

Die Tagesschau berichtet von den Erwartungen an das Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel. Ins Auge stechen dabei die Aussagen von NATO-Generalsekretär Stoltenberg, der vor einem „zu frühen Abzug“ (nach 20 Jahren Krieg!) warnt und die „Errungenschaften“ des Einsatzes nicht aufs Spiel setzen will. Welche Errungenschaften das genau sind, wird im Bericht von Helga Schmidt aus dem ARD-Studio Brüssel nicht erwähnt. Interessant sind zudem die zitierten Aussagen von namentlich nicht genannten deutschen Diplomaten, die sich darüber freuen, wenigstens wieder in Entscheidungen miteinbezogen zu werden. Über die Qualität und Folgen der Entscheidungen scheinen sie sich keine Gedanken zu machen. Über die Geldstreitigkeiten des Bündnisses ist bereits hinreichend berichtet worden, es soll nun aber doch noch einmal die Frage in den Raum geworfen werden, warum denn von allen Seiten gefordert wird, dass 2%-Ziel zu erreichen – also mehr Geld zu investieren. Die beiden, auch von der US-Regierung als solche benannten, Hauptgegner der NATO, China und Russland, investieren laut Zahlen des Friedensforschungsinstitutes SIPRI 326,1 Milliarden US-Dollar, wohingegen die USA alleine mehr als das Doppelte (732 Milliarden US-Dollar) für ihr Militär ausgeben – und da sind Geheimdienste noch nicht einmal miteinberechnet. Wieso also nun auch die europäischen Länder noch mehr Geld in die Hand nehmen sollen, erschließt sich wohl keinem vernünftigen Menschen, zumal es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass die USA ihr Militärbudget kürzen wollen.

Laut Bericht des Spiegel will US-Außenminister Blinken mit seinem deutschen Amtskollegen auch über das Thema Nord-Stream 2 sprechen. Die USA lehnen die Pipeline ab und begründen dies damit, dass sie europäischen Interessen widerspräche, vor allem denen der Länder Polen und Ukraine. Gleichzeitig werden sowohl Blinken als auch sein Chef Biden mit der Aussage, „die Pipeline [sei] schlecht für die USA“ zitiert. Dies ist eine bemerkenswerte Bestätigung für die Befürworter*innen der Pipeline, die hinter dem zunehmenden Druck der USA auf Deutschland, den Bau des Projekts abzubrechen, eigene geostrategische Interessen vermuten. Auch der Verweis auf die Ukraine als Partner der NATO scheint Befürchtungen der russischen Regierung seit Ende des Kalten Krieges, dass die NATO bald an der russischen Westgrenze kratzen würde, zu bestätigen. Bezüglich des Krieges in Afghanistan zeigte sich der US-Außenminister laut Spiegel zumindest gnädig: man werde die Entscheidung den Bündnismitgliedern mitteilen. Dies klingt nicht wirklich nach einer Partnerschaft auf Augenhöhe, so sehr sich manche*r Transatlantiker*in das auch wünschen mag.

Immerhin wird in einem weiteren Bericht des Spiegel berichtet, dass europäische Außenpolitiker*innen so langsam zu verstehen scheinen, dass die häufig kritisierten Alleingänge von Ex-Präsident Trump keine Ausnahme von einer Regel gewesen waren. Hintergrund ist ein Schreiben von Blinken an die afghanische Regierung, in wessen Zuge dieser seinen Unmut über den Doha-Prozess äußerte. Dieses Schreiben war wohl nicht mit den Bündnispartnern abgesprochen, so viel zum Thema Multilateralismus.

Vereinigte Staaten

Eines der zentralen Versprechen, das Joe Biden über seinen gesamten Wahlkampf hinweg wiederholte, war die „Rückkehr zur Normalität“. Davon wie die US-amerikanische Normalität im Detail aussieht, kann man sich seit seiner Amtsübernahme Ende Januar ein Bild machen. Wobei Bilder machen, zumindest für Journalist*innen, in den Lagern an der US-Grenze zu Mexiko, in denen Kinder und Jugendliche nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten festgehalten werden, unmöglich ist: Zutritt verboten! Während der Amtszeit seines Vorgängers Donald Trump wurden die Zustände in besagten Lagern als „KZ-ähnlich“ beschrieben, unter anderem von der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Ohne ein Urteil darüber fällen zu wollen, ob die Vergleiche der Lager mit Konzentrationslagern gerechtfertigt sind, so erscheint es doch zumindest als zynisch, dass diese drastische Wortwahl nur für die Lager des „bösen Präsidenten“ gewählt wurde, nicht aber für die des „Guten“. Die Demokrat*innen scheinen wieder einmal zu beweisen, warum der Journalist Glenn Greenwald ihnen vorwirft, keinerlei Prinzipien zu haben.

England

Der Guardian zeigt einer Analyse über den geplanten Verteidigungshaushalt der Regierung von Boris Johnson eindrücklich, warum die neue Labour-Partei und Keir Starmer als Partei für Frieden und Abrüstung nicht zur Verfügung steht. Dessen Abgeordneten fiel nichts Besseres ein, als (reale) Kürzungen im Verteidigungshaushalt sowie die Aussortierung verschiedenster militärischer Fahrzeuge zu kritisieren. Nicht kritisiert wurde hingegen die Ankündigung Johnsons, das Atomwaffenarsenal des Vereinigten Königreiches zu erweitern und erneuern, auch hier mit dem Verweis auf Russland und China.

Spanien

In den mit Spannung erwarteten Wahlen in Madrid kommt Bewegung auf. Sowohl die konservative Partido Popular als auch die linke Unidos Podemos legen in neuesten Umfragen zu. Die (für deutsche Leser*innen) Landtagswahlen in Madrid sind deshalb von Bedeutung, da der Spitzenkandidat für Podemos, Pablo Iglesias, für seine Kandidatur extra von seinem Amt als Vize-Premier auf Bundesebene zurücktrat.

Partido Popular: ca. 39%

Partido Socialista Obrero Español PSOE: 25%

VOX: 11%

Más Madrid: 11%

Podemos: 9%

Ciudadanos: 4%

Wer sich zudem für den Korruptionsskandal und die Verbindungen des PP mit der ultrarechten VOX interessiert, sollte diesen Artikel auf Telepolis lesen. In den kommenden Tagen und Monaten wird davon sicherlich noch berichtet werden.

Honduras

Ein Vertrauter des Präsidenten Juan Orlando Hernández wurde in den USA wegen Drogenhandel und Waffenbesitz schuldig gesprochen. Geovanny Fuentes Ramírez hatte zudem angegeben, 250 000 Dollar Schutzgeld an den Hernández gezahlt zu haben, welcher sämtliche Vorwürfe abstreitet.

Kolumbien

Gilberto Findicue Achicue, líder social (zu Deutsch in etwa „Anführer einer sozialen Bewegung“, wurde gestern ermordet. Achicue ist somit der 35. ermordete líder social im noch jungen Jahr 2021. Wie Beobachter*innen des südamerikanischen Staates sicher wissen, ist die grassierende Gewalt gegen vor allem indigene Anführer*innen, häufig initiiert von staatlichen oder zumindest staatlich-unterstützten Milizen sowie Drogenkartellen (oftmals ist hier eine Unterscheidung schwierig bis unnötig), das zentrale Problem des Landes.

Unter dessen wollten dem Präsidenten Ivan Duque nahestehenden Abgeordnete dessen Amtszeit bis 2024 verlängern. Der Vorschlag wurde zwar abgewiesen, lässt jedoch auf Grund der gut dokumentierten Verbindungen der konservativen Kräfte mit Drogenkartellen, Paramilitärs, Militär und USA Böses für das kommende Wahljahr 2022 erahnen.

Chile

In Deutschland ist der Andenstaat in letzter Zeit hauptsächlich für sein erfolgreiches Impfprogramm in den Nachrichten. Einer Umfrage zufolge wird dies jedoch nicht dem regierenden Präsidenten Sebastian Piñera zu Gute gehalten. Der Umfrage des Centro Estratégico Latinoamericano de Geopolítica (CELAG) zufolge haben 70% der Chilen*innen ein negatives Bild von ihrem Regierungschef. Zudem offenbart die Umfrage die katastrophale Lage des in westlichen Medien oftmals als Musterstaat präsentierten Landes. 50% der Bevölkerung mussten sich im Laufe der Pandemie verschulden, um grundlegende Bedürfnisse decken zu können, 8 von 10 Chilen*innen ist soziale Gerechtigkeit mitttlerweile wichtiger als individuelle Freiheit und 60% machen sich Hoffnungen bezüglich einer neuen Verfassung, die die alte, vom Diktator Pinochet entworfene, Verfassung ersetzen soll.

Argentinien

Präsident Fernández gab bekannt, dass bereits eine Million Einwohner*innen aus der Provinz Buenos Aires mit dem russischen Impfstoff Sputnik V geimpft wurden. Im ganzen Land, 44,9 Millionen Einwohner, wurden 616 370 Bürger*innen zweimal und ca. 2,6 Millionen Bürger*innen immerhin einmal geimpft. Nach einer weiteren 500 000 Dosis umfassenden Lieferung Sputnik V verfügt das Land nun mehr über knapp 5 Millionen Impfstoffe.

Uruguay

Mit 355,9 Fällen pro 1 Million Einwohner*innen ist Uruguay zum am stärksten von der Pandemie betroffenen Land Südamerikas geworden. Der auf Grund der Menschenverachtung seines Präsidenten ebenfalls stark getroffene Nachbarstaat Brasilien kommt beispielsweise „nur“ auf 330 Fälle pro 1 Million Einwohner*innen. In absoluten Zahlen wurden am vergangenen Tag 2.700 neue Fälle und 811 Todesfälle im 35-Millionen-Einwohner*innen-Land registriert. Die Zahlen stellen einen neuen traurigen Rekord für das südamerikanische Land dar, das bisher verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen war, und in Folge dessen auf Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Lockdowns und sogar Maskenpflicht (mit wenigen Ausnahmen) verzichten konnte. Für den Anstieg verantwortlich ist laut Behörden die brasilianische Variante, was auch erklärt, warum die Lage in der Region Rivera an der brasilianischen Grenze am stärksten getroffen ist.

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