Was gibt´s? What´s going on? ¿Qué pasa?

Roundup 7. April 2021 Ein Überblick über Ereignisse in der deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Welt vom 7. April 2021. Interessantes, Empörendes oder Themen, die sonst zu kurz kommen.

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Was gibt´s? What´s going on? ¿Qué pasa? – 24. März 2021

An dieser Stelle soll es in Zukunft (hoffentlich) täglich Updates aus dem deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum geben. Für Deutschland werde ich mich überwiegend auf außenpolitische Themen fokussieren, bei allen anderen Ländern beschäftige ich mich mit Themen, die ich für wichtig halte, über die ich bereits viel weiß oder die ich schlicht und ergreifend für interessant halte. Detaillierte Ausführungen findet ihr auf meiner Autorenseite des Freitag. Falls sich jemand dafür interessiert, diesen Roundup als Art Newsletter zu erhalten, kann er*sie mir gerne auf Twitter (@luke_tropic) eine Nachricht mit seiner*ihrer Mail-Adresse schreiben.

Deutschland

Fast beiläufig und erst im letzten Absatz erwähnt die Tagesschau, dass die deutsche Marine im Sommer ein Kriegsschiff ins Südchinesische Meer entsenden will. Und irgendwo sitzt Ex-Bundespräsident Horst Köhler weinend im Keller und fragt sich, warum er denn damals zurücktreten musste.

Über die Arbeit der deutschen Botschaften im Ausland wird in der Regel nicht viel berichtet, so dass dieser Tweet des deutschen Botschafters im Libanon, Andreas Kindl, komplett an mir vorbeigegangen wären, hätte Rania Khalek nicht für The Grayzone über den ermordeten Lokman Slim berichtet.

Eingebetteter Medieninhalt

Der Mann, der von Kindl als „ausgezeichneter, furchtloser Intellektueller und Friedensaktivist“ bezeichnet wird, ist in erster Linie für seinen Kampf gegen die militante schiitische Hisbollah bekannt und wurde am 4. Februar ermordet. (Die Hisbollah verurteilte den Mord.) Kindl war auch auf Slims Beerdigung anwesend und hielt sich an das alte Motto „Über die Toten soll man nur Gutes reden“. Ich persönlich fühle mich diesem Motto nicht verpflichtet, von daher ein paar Highlights aus Slims Leben und Wirken:

  • Er wünschte sich wiederholt Terroranschläge, damit Israel den Libanon besetzen würde. Für Slim war ein Libanon unter israelischer Besatzung einem Libanon mit der Hisbollah als relevanter politischer und militärischer Kraft vorzuziehen.
  • Slim arbeitete mit verschiedenen Tochterorganisationen von US-Außenministerium und -Geheimdiensten zusammen, vorgeblich um „unabhängige schiitische Mediennetzwerke“ aufzubauen. Eines dieser Medienprojekte ist die Website Shiawatch.org. (An dieser Stelle die Bitte, darüber nachzudenken, wie Kindl eine Website namens „Judenbeobachtung.org“ bezeichnen würde.) Kindl tut gut daran, dieses Projekt nicht zu erwähnen, hat er es doch mit seinen Kollegen in der deutschen Botschaft im Libanon mitfinanziert. Die deutsche Unterstützung für Slim ist laut Khalek Teil eines seit 2015 existierenden Programms, mit dem Kontakt zu Schiit*innen (lies: Schiit*innen, die Iran und Hisbollah feindlich gesinnt sind) hergestellt werden soll. Mehrere Mitarbeiter*innen aus der libanesischen NGO-Szene berichten zudem davon, wie die deutsche Regierung Korruptionsvorwürfe gegen Slim unter den Teppich kehrte.
  • Mit dem gerühmten Intellekt Slims kann es soweit her nicht gewesen sein, sagte er doch mehrmals voraus, dass die Hisbollah nun aber wirklich kurz vor ihrem Untergang stehe. Wohl gemerkt die Hisbollah, die wesentlich den Ausgang des syrischen Bürgerkriegs beeinflusste und die modernste Armee der Region, die Israeli Defence Forces (IDF), im Jahr 2006 aus dem Libanon vertrieben hatte.
  • Der „Friedensaktivist“ sprach sich im Jahr 2018 für eine „schiitische Nakba“ aus, bei der Israel den Libanon besetzen solle. Laut Slim bräuchten seine Glaubensschwestern und -brüder eine solche traumatische Erfahrung, um zur Vernunft zu kommen. Nakba ist der arabische Begriff für die Zerstörung von über 500 palästinensischen Dörfer und der Vertreibung von über 750 000 Palästinenser*innen durch den neu gegründeten israelischen Staat im Jahr 1948.
  • Für die Trump-Regierung spionierte Slim die schiitische Gemeinde aus, um es der US-Regierung zu ermöglichen, den Libanon gezielter und besser sanktionieren zu können.

Dies sind nur einige Highlights aus Slims Leben. Wer sich für den Werdegang des Verstorbenen interessiert (und etwas Zeit mitbringen kann), dem sei der Artikel von Rania Khalek wärmstens empfohlen. Neben Slim werden weitere, oftmals als Menschenrechtsaktivist*innen dargestellte, Figuren aus dem NGO-Umkreis porträtiert, wie diese finanziert werden und wofür sie sich letztendlich einsetzen.

Vereinigte Staaten

Welches Projekt stand von Anfang an mehr als jedes Andere für den Fremdenhass von Donald Trump? Richtig, die Mauer, die er an der Grenze zu Mexiko errichten lassen wollte. Bidens Minister für Heimatschutz, Alejandro Mayorkas, will nun an dem zwischenzeitlich auf Eis gelegten Sinnbild für Rassismus weiterbauen lassen. Begründung: es müssten Löcher in der bereits gebauten Konstruktion gestopft werden.

Chinesische Kriegsschiffe, unter anderem einer von zwei Flugzeugträgern (Kontext: USA verfügen über zehn aktive Flugzeugträger), befinden sich derzeit im Südchinesischen Meer, wahlweise auf Routineübung (Peking) oder als Bedrohung für Taiwan (Westen). Die USA entsenden daraufhin einen ihrer eigenen Flugzeugträger in die Region, der eh zufällig gerade in der Nähe war. Interessant ist, was die Tagesschau daraus macht. Für Steffen Wurzel, Autor des zitierten Artikels, scheint es wichtig hervorzuheben, dass Peking das Südchinesische Meer als Teil des chinesischen Hoheitsgebietes ansieht, obwohl es „Tausende Kilometer südlich von China liege“. Wie viele Kilometer es bis zur Westküste der USA sind, erwähnt er genauso wenig wie dass ein derartiges Gebaren eigentlich Monroe Doctrine genannt wird und laut ehemaligem Nationalen Sicherheitsberater John Bolton zurück ist. Berichte des chinesischen Staatsfernsehens über die wachsende militärische Stärke des Landes werden als Beweis für eine zunehmend aggressivere Haltung Pekings herangeführt, diese Graphik hier konnte ich in seinem Bericht aber nicht finden:

Eingebetteter Medieninhalt

Dank des Journalisten Yasha Levine bin ich auf dieses Interview mit Chas Freeman gestoßen, der bereits unter Richard Nixon als Diplomat mit Peking zusammenarbeitete. Anbei einige wichtige Passagen auf Deutsch:

„Warum wollen die Vereinigten Staaten überhaupt China konfrontieren?

Das hat viel mehr mit Psychologie zu tun, als mit Strategie. Vor 150 Jahren, in den 1870ern, sind wir zur größten Wirtschaftsmacht weltweit geworden. Nun hat China uns entweder schon überholt, oder sie sind dabei, uns zu überholen. Also haben wir Angst, nicht mehr die Nummer 1 zu sein, und haben deswegen beschlossen, Chinas Aufstieg zu stoppen. Niemand auf der amerikanischen Seite hat uns erklärt, wohin uns diese Konfrontation führen soll – sie ist ein reiner Selbstzweck. Außerdem sind wird seit 1945 die dominante militärische Macht im asiatisch-pazifischen Raum. Jetzt sind wir mit der Rückkehr Chinas zu Reichtum und Macht in der Region konfrontiert, und unsere Lage ist prekär. Was bedeutet das? […] China kann uns nun davon abhalten, ihre Verteidigungslinien zu durchbrechen. Das ist eine Gefahr: wir sind nicht mehr allmächtig, wir laufen Gefahr, unsere militärische Vormachtstellung zu verlieren.

Aber es gibt keine Beweise dafür, dass China uns verdrängen will. Sie verdrängen uns in einigen Bereichen, weil sie groß sind und wachsen und weil sie Erfolg haben. Wollen sie uns unsere Position als globale Supermacht und Hegemon wegnehmen? Nein, aber wir behaupten, dass sie das wollen. Wir gehen davon aus, dass China genauso denkt und handelt wie wir. „Wir hatten Manifest Destiny [Anm.: Ideologie der USA, die besagt, dass die kulturellen und ideologischen Vorstellungen der USA verbreitet werden sollen. Damit wurde unter anderem der Genozid an der indigenen Bevölkerung Nordamerikas gerechtfertigt.] und es hat uns über den Pazifik bis zu den Philippinen geführt. Also müssen die Chinesen auch eine Manifest Destiny und eine Monroe Doctrine im Sinn haben.“ Aber das ist falsch, so funktionieren die Dinge nicht. Ich würde behaupten, dass wir mittlerweile unsere eigene Propaganda glauben.“

Zu der Situation der Uiguren, auf Grund derer die USA nun erwägen, die Olympischen Winterspiele in Peking 2022 zu boykottieren, sagte Freeman:

„Ich denke, dass das, was mit den Uiguren geschieht, fürchterlich ist – daran gibt es keinen Zweifel. Gleichzeitig wissen wir aber nicht genau, was mit ihnen passiert. Begriffe wie Genozid werden in der Gegend herumgeworfen, obwohl sie wahrscheinlich nicht zutreffen. Aber ich denke, dass es vollkommen angemessen ist, wenn wir die Meinung zum Ausdruck bringen, dass die Behandlung der Uiguren widerwärtig ist. Was werden wir dagegen unternehmen? Es ist eine komplizierte Situation. Ich hasse es auf die amerikanische Doppelmoral zurückkommen zu müssen, aber warum steht die muslimische Welt nicht hinter uns, wenn es um die Lage der Uiguren geht? Wann war denn das letzte Mal, dass wir irgendetwas über Palästinenser, Kashmiri oder Tschetschenen gesagt haben? Das ist der Grund. Auf der ganzen Welt werden Muslime unterdrückt und wir halten die Klappe. Selektive Empörung ist nicht sehr effektiv.“

Passend zum Thema China ist auch der erste ausländische Staatschef, den Joe Biden Ende kommender Woche empfangen wird, und zwar den japanischen Premierminister Yoshihide Suga. Japan spielt zusammen mit Indien und Australien als Teil der sogenannten Quad eine wichtige Rollen in den Plänen der USA zur Eindämmung Chinas. Wie diplomatisch diese Pläne sein werden, wird sich an den Äußerungen nach dem Treffen der beiden Staatsoberhäupter ablesen lassen. Falls Suga von einem Völkermord an den Uiguren spricht, so kann sich Japan auf eine harsche Reaktion aus Peking gefasst machen, hat man dort nämlich die Verbrechen der Japaner auf chinesischem Boden nicht vergessen.

In diesem interessanten Beitrag für Jacobin beschreibt Luke Savage, was ehemalige Mitglieder der Obama-Regierung mittlerweile so tun. Hinweis: nichts Gutes!

  • Jay Carney: unter Obama Pressesprecher, mittlerweile für Public Relations von Amazon zuständig
  • Robert Gibs, Pressesprecher, mittlerweile Chief Communications Officer für McDonalds
  • Seth Harris, Arbeitsministerin, verantwortlich für Proposition 22, das in Kalifornien verabschiedete Gesetz, welches hauptsächlich von Uber und Lyft befürwortet wurde
  • Tony West, Justizministerium und Schwager von Kamala Harris, Führungsposition bei Uber
  • David Plouffe, Wahlkampfmanager 2008 und hochrangiger Berater, mittlerweile bei Uber
  • Jim Messina, Wahlkampfmanager 2012, half Theresa May 2017 und mittlerweile Inhaber eines Unternehmens, das Tesla, Google und Uber vertritt

Panama

Die Regierung von Panama hat die kolumbianische Regierung um ein Treffen gebeten, bei dem eine bessere Koordinierung der Abwehr von Flüchtlingsgruppen, welche in letzter Zeit verstärkt Panama durchqueren, besprechen werden soll. Dies geschah nach einer Besprechung mit US-Außenminister Blinken, dessen Regierung die Flüchtlinge, deren eigentliches Ziel in der Regel die USA sind, bereits seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge sind.

Peru

Wer mehr zu den Kandidat*innen für die Wahlen am Sonntag wissen will, ist hier an der richtigen Stelle.

Uruguay

Das uruguayische Parlament hat die Einrichtung einer Kommission zur Bekämpfung der langfristigen Folgen der Corona-Pandemie beschlossen. Die Abgeordneten der Partei Frente Amplio fordern, dass die ausländischen Vermögen uruguayischer Staatsbürger*innen zur Bekämpfung der Folgen herangezogen werden müssten.

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