1950: Akte 1384/43

Zeitgeschichte Aus dem Exil zurückgekehrt, dreht Peter Lorre vor 65 Jahren seinen einzigen Film als Regisseur. „Der Verlorene“ fragt nach Schuld und Sühne im Nachkriegsdeutschland
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 30/2015

Da steht einer auf dem Gleis und will vom Zug gefällt werden wie ein Baum, den keine Wurzel mehr hält. Dr. Karl Rothe, die Zigarette im Mundwinkel, die Hände in den Manteltaschen. Trauer im Gesicht und wenig Angst. Lebensüberdruss und Todessehnsucht haben ihn an diesem Herbstmorgen die Böschung zum Bahndamm hinabsteigen lassen. Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Wer zu viel Unheil mit sich herumträgt, der trete vor seinen Richter. Und wenn es das eigene Gewissen ist. Und wann endlich rauscht der Zug heran, und alles ist vorbei?

Der Moment vor dem Selbstmord ist das optische Schlussmotiv des 1950 gedrehten Spielfilms Der Verlorene, die erste und einzige Regiearbeit des Schauspielers Peter Lorre (1904 - 1964), der sich selbst für die Rolle des