1961: Totes Gleis

Zeitgeschichte Nach dem Mauerbau wird die S-Bahn in Berlin-West boykottiert und fährt in Richtung Kollaps, während die Stadt selbst vom Zentrum an den Rand des Kalten Krieges driftet
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 32/2021

Ein S-Bahn-Zug nach nirgendwo, gestrandet im Niemandsland zwischen Berlin und Berlin, zwischen Treptow im Osten und Neukölln im Westen, einstweilen stillgelegt in der Nacht vom 12. zum 13. August 1961. Am Richtungsanzeiger des Triebwagens ist „Vollring“ zu lesen. Ohne erzwungenen Halt würde die Tour über Sonnenallee, Gesundbrunnen und Bornholmer Straße wieder nach Treptow führen, Fahrtzeit gut eine Stunde. Normalerweise schlucken die gelb-braunen Waggons an einem frühen Sonntagmorgen kaum Fahrgäste. Die wenigen diesmal hören gegen 2.30 Uhr beim Stopp in Treptow die Durchsage: „Bitte alle aussteigen. Dieser Zug endet hier!“ Danach schleichen die vier Wagen noch bis zur Westkurve und dürfen nicht mehr weiter, können we