1962: Das innere Ghetto

Zeitgeschichte In seinem Roman „Eine andere Welt“ erzählt James Baldwin von einem jungen Afroamerikaner, der seine Identität nur hinnehmen kann, indem er sich restlos zerstört
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 51/2017
Niemand kennt meinen Namen: James Baldwin in Südfrankreich, 1979
Niemand kennt meinen Namen: James Baldwin in Südfrankreich, 1979

Illustration: der Freitag

Je grausamer er um sich schlägt, desto wehrloser ist dieser Rufus Scott. Das wissen seine Freunde. Und weil sie das wissen, können sie ihn nicht retten. Sie lassen ihn einfach ziehen und wollen ihn erst vermissen, wenn er unauffindbar sein wird. Gerade noch ein gefeierter Musiker im New York der späten 1950er Jahre mit Auftritten in den Jazzclubs von Greenwich Village und Brooklyn, taumelt der junge Afroamerikaner einsam und von Verzweiflung betäubt durch die nächtliche, novemberkalte, endlose Stadt. Es ist ihm verwehrt, kein Ziel zu haben. Irgendwann taucht das Ungetüm der George-Washington-Brücke vor ihm auf. „In gedämpfter Ferne lagen die Lichter der Jersey-Küste, und hier und da flammte eine Neonreklame auf, die irgendetwas anpries ...