1989: Ganz normal anders

Zeitgeschichte In Ostberlin wird der DEFA-Film „Coming Out“ uraufgeführt. Er ist seiner Zeit voraus, doch bleibt inmitten der Wendewirren zu wenig Zeit, dem Werk gerecht zu werden
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 42/2019

Hier weiß keiner, wie der andere heißt. Hier ist jeder allein. Und jeder hat Angst“, sagt Achim, der Kellner aus dem „Burgfrieden“. Was er meint, ist die Angst, die in den Augen der anderen steht und jeden beobachtet, aus weichen Knien in Magen und Nacken steigt, ständig im Kopf kreist. Angst vor dem Coming-out jenseits vom „Burgfrieden“, der Ostberliner Schwulenbar Ende der 1980er, die Refugium sein kann, nicht muss. Für den Lehrer Philipp ist sie Sehnsuchts- und Schmerzensort, hier hat er den 19-jährigen Matthias getroffen, den er liebt, mit dem er zusammen war für eine Nacht, um ihn wieder allein zu lassen. Nicht zu erlösen von Warten und Hoffen. Einen anderen zu lieben, das Schwerste und Schönste, was ein Mensch erle