Selten war eine EU-Präsidentschaft in den ersten 20 Tage so gefordert und überfordert. Gas und Gaza waren die Themen, an denen sich Tschechiens Premier Topolanek und sein Außenminister Schwarzenberg aufreiben durften. Ausgerechnet als Nicolas Sarkozy in seiner Eigenschaft als Missionar vom Dienst zur Gaza-Vermittlung nach Jerusalem und Kairo aufbrach, erklärte die Regierung in Prag die Operation Gegossenes Blei zu "einem Akt der Selbstverteidigung Israels". Das war nicht nur exakt die Sprache Ehud Olmerts, das war vor allem in der EU nicht konsensfähig und für Paris brüskierend. Auch im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine landete Tschechien in der Achterbahn. Mal schraubte man sich auf die Kommandohöhen der EU-Kommission und nippte an deren alarmistischer Rhetorik, mal fiel man in Passivität und Lethargie. Diese Feuerproben einer Präsidentschaft dürften besonders den EU-skeptischen Staatschef Vaclav Klaus erwärmen. Dem kann es recht sein, dass sich der EU-ergebene Topolanek bislang kaum dem widmen konnte, was einem bis Juni mandatierten Europa-Präfekten zuvörderst aufgetragen ist: dem Lissabonner Reform-Vertrag die Weihen einer EU-Ersatzverfassung zu verschaffen.
Achterbahn
Geschrieben von
Lutz Herden
Redakteur, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“
Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen.
Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zur Wochenzeitung Freitag. Dort arbeitete es von 1996-2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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