Auserwählt, ausgezahlt

Afrika-Gipfel In Berlin wird eine fehlgeleitete Politik mit dem Nachbarkontinent einfach fortgesetzt
Ausgabe 44/2018
Angela Merkel heißt den Präsidenten des westafrikanischen Benin bei der „Compact with Africa“-Konferenz willkommen
Angela Merkel heißt den Präsidenten des westafrikanischen Benin bei der „Compact with Africa“-Konferenz willkommen

Foto: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Mit viel Logik ist die deutsche Afrikapolitik nicht gesegnet. Will sie Fluchtursachen auf einem Nachbarkontinent bekämpfen, warum sind dann arme Staaten wie Kongo, Mosambik oder die Zentralafrikanische Republik von „Compact with Africa“ ausgeklammert? Über das Projekt wurde soeben in Berlin bei einem Afrika-Gipfel verhandelt, eine Bestandsaufnahme 15 Monate nach Auftakt dieser G20-Aktion.

Dass die Auswahl der afrikanischen Teilnehmer getrost Selektion genannt werden kann, erklärt sich aus der Maxime der Initiative: keine klassische Entwicklungshilfe mehr, stattdessen private Investitionen aus Deutschland, der EU überhaupt. Und dafür lässt sich nur gewinnen, wer nicht die Verlierer in Afrika, die ärmsten vieler armer Staaten, sondern besser Betuchte wie Tunesien, Ghana, Ägypten und Marokko mit Kapital beglücken soll. Hier offenbart die Reihe der Erwählten die nächste logische Inkonsistenz. Will „Compact with Africa“ Good Governance belohnen, wie Projektmanagerin Merkel versichert, warum ist dann Ägypten dabei, dessen Präsident as-Sisi nicht viel zum Militärdiktator fehlt?

Aber wer zu spät kommt, darf eben nicht wählerisch sein. Als Afrika Anfang der 1990er Jahre vor einer Demokratisierung stand, verstand sich damalige Außenpolitik auf andere Prioritäten, hielt viel vom süßen Gift der milden Gaben und unterschätzte die Bruderschaft der neuen Führer des Kontinents wie Meles Zenawi in Äthiopien, John Garang im Südsudan, Yoweri Museveni in Uganda, Jerry Rawlings in Ghana.

Die bewiesen Mut, da sie als angehende Demokraten politisch überleben wollten und Pluralismus nicht für einen Steckling hielten, den man in der Wüste pflanzt, damit er garantiert eingeht. Leider wurden sie nicht dort gefördert, wo sich das Schicksal ihres Umbruchs entscheiden musste – beim Aufbau einer nationalen Ökonomie, die expandiert, exportiert, prosperiert. Die EU hielt selbst das Minimum für eine maximale Zumutung und konnte sich zu keinem Subventionsabbau für ihre Agrarproduzenten durchringen, die so auf Afrikas Agrarmärkten expandierten, exportierten, prosperierten. Mit den bekannten Folgen. Es war üblicher Pragmatismus, der eigentlich keinen Namen braucht. Derzeit nennt er sich „Compact with Africa“.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

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