Innerhalb von 24 Stunden hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon den Iran erst nach Montreux ein- und dann wieder ausgeladen. So etwas nennt man einen diplomatischen Fauxpas, wenn nicht gar ein politisches Debakel, handelt es sich doch um eine fragwürdige Aktion, mit der ein Staat brüskiert wird, der in dieser Hinsicht sehr empfindlich ist. Teheran wird sich in seinen Vorbehalten gegenüber einer UN-Diplomatie bestätigt fühlen, die Großmächten zu Diensten ist, öffentlichen Stimmungen nach- und Souveränität preisgibt.
Über die Gründe für Bans Debakel kann nur gerätselt werden. Möglicherweise wollten die Vereinten Nationen ihre Federführung bei der Syrien-Diplomatie demonstrieren und der Einsicht folgen, dass sich ein Konflikt stets am besten lösen oder zumindest eindämmen lässt, wenn alle daran Beteiligten nach einem politischen Ausweg suchen. Diesem Prinzip hat ausgerechnet der UN-Generalsekretär jäh abgeschworen und stattdessen unverhohlener Erpressung nachgegeben.
Es war von vornherein klar, dass sich die Regierung in Teheran nicht vor einer Syrien-Konferenz zu einer Übergangsadministration in Damaskus bekennen wird. Und seit wann ist es bei einer internationalen Konflikt-Mediation Standard, dass Staaten Verhandlungsergebnisse abnicken müssen, bevor die überhaupt ausgehandelt sind? Überdies musste Ban klar sein, dass die Akzeptanz eines solchen Gremiums durch Teheran auf einen Affront gegenüber dem Verbündeten in Damaskus hinausgelaufen wäre. Ist sich der UN-Generalsekretär über das Wesens des Mega-Konflikts im Nahen Osten im Unklaren?
Eine Feuerpause wäre das Mindeste
Andererseits hätte die syrische Exilopposition mit ihrem Veto gegen eine Präsenz des Iran in Genf wenig bewirkt, wäre sie von den USA und anderen westlichen Staaten zurückgepfiffen worden. Dies ist offenkundig nicht passiert und ein Indiz dafür, dass die Erfolgschancen für Genf II in der Tat gering sind. Eine Ursache ist der Umstand, dass Präsident Obama bei jedem realistischen Ansatz seiner Syrien- und Iran-Politik im eigenen Land unter solchen Druck gerät, dass er umgehend mit Konzessionen reagiert. Wurde zunächst der Iran zum Opfer dieses opportunistischen Lavierens, kann in den kommenden Tagen Genf II daran scheitern. Außenminister Kerry muss sich also mit einem eher begrenzten Spielraum für Montreux und Genf begnügen und jeden Eindruck vermeiden, er käme der syrischen Regierung zu weit entgegen.
Man darf gespannt sein, wie sich das auswirkt, sollte Assads Außenminister Walid al-Muallem Vorschläge wiederholen, wie er sie bereits gegenüber seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow angedeutet hat. Danach plädiere seine Regierung für eine Waffenruhe in und um Aleppo. Zudem sei ein Gefangenenaustausch denkbar, über dessen Mechanismus man sich einigen könne. Schließlich sollten Transitkorridore eingerichtet werden, um humanitäre Hilfsgüter in die Region Ghuta und die Vororte von Damaskus zu schicken. Eines allerdings dürfte al-Muallem klar zurückweisen, jede Forderung nach einer Demission des Präsidenten oder einer Übergangsexekutive, von der Bashar al-Assad suspendiert bliebe – das seien „rote Linien“, so der Minister. Der Präsident sei unantastbar.
Daran werden sich in Montreux die Geister scheiden und das gründlich. Insofern wäre die Konferenz-Moderation der Vereinten Nationen gut beraten, die zum Konferenzauftakt bereits laut gewordenen Maximalforderungen des Anti-Assad-Lagers als momentan nicht verhandelbar auszuklammern oder zurückzuweisen. Dann wird sich die Exilopposition entscheiden müssen, ob sie über einen regional begrenzten Waffenstillstand verhandelt und der Bevölkerung von Aleppo ein Atemholen zum Überleben gönnt – oder aufsteht, geht und weiter kämpfen will. Es wäre die Fortsetzung von Nichtpolitik mit militärischen Mitteln.
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