Bürgen einer Waffenruhe

Syrien Die geplante Waffenruhe markiert einen Wendepunkt, auch weil die Assad-Regierung direkt eingebunden ist und deren Gebietsgewinne anerkannt werden
Ausgabe 08/2016
Eines von vielen syrischen Schlachtfeldern: Kobane
Eines von vielen syrischen Schlachtfeldern: Kobane

Foto: Yasin Akgul/AFP/Getty Images

Die Feuerpause in Syrien, wenn es dazu kommt, kann nur ein Vorspiel sein. Weniger zu einem belastbaren Waffenstillstand als zu Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien, um in die Nähe einer solchen Waffenruhe zu kommen. Dass dabei die Regierung in Damaskus einbezogen wird, steht für die US-Administration längst außer Frage. Nun aber haben Assad und seine Regierung eine indirekte, unüberhörbare und umso mehr erstaunliche Aufwertung durch Washington erfahren. Nicht allein der internationalen Anti-IS-Allianz, auch der Assad-Armee und deren Alliierten wird zugestanden, dschihadistische Gegner von der Al-Nusra-Front bis zum Islamischen Staat (IS) während einer Waffenruhe weiter angreifen zu dürfen. Inwieweit sich eine Feuerpause unter diesen Umständen verifizieren lässt, sei dahingestellt. Dass sie nicht kontrollierbar sein soll, da man sie nicht kontrollieren kann, mag ein Motiv für dieses selektive Verfahren sein. Der Modus lässt sich wie folgt begründen: IS und Al-Nusra würden sowieso weiterkämpfen, weil sie das wollen.

Was auffällt, ist das Zugeständnis der US-Regierung, dass den an einer Waffenruhe Beteiligten kein strategischer Nachteil entstehen darf. Also auch nicht der Assad-Armee. Deren Terraingewinn aus den vergangenen Wochen wird quasi anerkannt und der Anteil respektiert, den Russland und der Iran daran haben. Ob sich das militärische Blatt so schnell wieder wenden lässt, erscheint zweifelhaft. Zumal die syrischen Kurden eher zum Partner als Feind Assad neigen.

Von einigen rhetorischen Bemühungen abgesehen, haben die USA dagegen offenbar nicht mehr viel einzuwenden. Sie wirken geduldig, fast passiv, wie seit Ausbruch dieses Bürgerkrieges selten erlebt. Wird der Krieg in Syrien denen überlassen, die wie Russland das Risiko nicht scheuen und ein klares Ziel haben? Wie sonst ist zu erklären, dass sich Barack Obama und Wladimir Putin wegen einer Waffenruhe offenbar arrangiert haben?

Wenn es dabei bleibt und die Türkei keine Bodentruppen aufs syrische Schlachtfeld schickt, hat zumindest eine temporäre Feuerpause ihre Chance. Die USA und Russland nehmen sich gegenseitig in die Pflicht und teilen den Erfolgsdruck. Es gab schon schlechtere Umstände für eine kleine Entspannung in Syrien.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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